Kultur und Alltagsleben in der Übergangsgesellschaft

Krisztina Mänicke-Gyöngyösi
1976 Prokla  
Während die Entstehungsgeschichte der politischen und ökonomischen Institutionen der frühen Sowjetunion schon häufiger daraufhin untersucht worden ist, inwieweit ihr Hinweise auf Transformationsmodelle in nachkapitalistischen Gesellschaften sowjetischen Typs zu entnehmen sind, gilt dies nicht in gleicher Weise für ihre kulturellen Implikationen (1). Dabei zeigt die Entwicklung in den osteuropäischen Gesellschaften, daß die Differenzierungs- und Dezentralisierungsexperimente im politischen und
more » ... onomischen Leitungssystem im Zuge der Wirtschaftsreformen der 60er Jahre das Problem aufwirft, ob und inwieweit hierdurch Chancen für soziokulturelle Emanzipation geboten werden bzw. die Anpassung der sozialen Kontroll- und Integrationsmechanismen an die veränderte Situation gelingt. Als symptomatisch für ein gewandeltes Problembewußtsein könnte man nicht nur die im Zusammenhang mit der Theorie der wissenschaftlich-technischen Revolution geäußerte Forderung nach Ablösung von äußerer Verhaltenslenkung durch eine Kontrolle mittels internalisierter Normen und nach der Erforschung der entsprechenden ,Gesetzmäßigkeiten' erwähnen, sondern auch auf die mittlerweile illegalisierten Rekonstruktionsversuche eines, undogmatischen' Marxismus in der CSSR oder Ungarn hinweisen, in denen der Dimension des Alltagslebens eine konstitutive Bedeutung zukommt (2). Obwohlauch die Studentenbewegung in der BRD und Westberlin von Anfang an eine Sensibilität für subkulturelle Lebensformen entwickelte, da sie die Legitimationsideologien spätkapitalistischer Gesellschaften als briichig erfuhr, nahm zunächst die chinesische Kulturrevolution und die Probleme der dritten Welt ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
doi:10.32387/prokla.v6i23.1727 fatcat:obxos4s3wrc4lnafz4mxkrkpva