Gastrointestinale Blutung bei thorakoabdominalem Endograft

L Erni, M Meier, G Mang
2010 Swiss Medical Forum = Schweizerisches Medizin-Forum  
Fallbeschreibung Ein 63-jähriger Patient verlor im Restaurant bei abendlichem Speis und Trank kurzzeitig das Bewusstsein und wurde via Ambulanz ins Spital eingewiesen. Auf der Notfallstation klagte der Patient über Nausea und epigastrische Schmerzen, erbrach koaguliertes Frischblut und setzte Frischblut ab ano ab. Die klinische Untersuchung des bewusstseinsklaren und kreislaufstabilen Patienten war bis auf eine epigastrische Druckdolenz des sonst weichen Abdomens unergiebig. In der
more » ... bestand eine ausgedehnte generaliserte Arteriosklerose bei metabolischem Syndrom. Voreinem Jahr wurden sowohl ein thorakales als auch infrarenales abdominales Aortenaneurysma mittels interventioneller Stentgraft-Implantation endoprothetisch versorgt. Mit der Diagnose einer anämisierenden oberen gastrointestinalen Blutung wurde der Patient zur Bluttransfusion und Kreislaufüberwachung auf die medizinische Intensivstation aufgenommen. In der primären Ösophago-Gastro-Duodenoskopie konnte keine Blutungsquelle gefunden werden. Am Folgetag kam es erneut -und nun kreislaufwirksam -zu massiver Hämatemesis und Hämatochezie. Nach Intubation und Kreislaufstabilisierung konnte bei der Re-Gastroskopie endoskopisch (Abb. 1 x) sowie auch radiologisch mittels Computertomographie (Abb. 2 x) der klinische Verdacht auf eine aortoduodenale Fistel zwischen infrarenaler Aorta und Pars II duodeni bestätigt werden. Der Patient wurde notfallmässig zur gefässchirurgischen Versorgung verlegt. Intraoperativ zeigte sich ein grosses Endoleak der infrarenalen aorto-biiliakalen Endoprothese, welches im Bereich der Pars II duodeni zu einer Ruptur des Aortenaneurysmas in das Darmlumen führte. Die aortoduodenale Fistel konnte durch Rekonstruktion der infrarenalen Endoprothese unter Erhalt des Dünndarmlumens chirurgisch saniert werden. Getrübt wurde der Ausgang durcheineninvalidisierenden hypovolämiebedingten ischämischen zerebrovaskulären Insult im Stromgebiet der rechten Aa. cerebri media et anterior sowie der zur Dialysepflichtigkeit aggravierten vorbestehenden chronischen multifaktoriellen Niereninsuffizienz. Diskussion Als aortoenterale Fistel bezeichnet man die pathologische direkte Verbindung zwischen der Aorta abdominalis und dem Darmlumen mit der Möglichkeit des Aus-und Übertrittes von aortalem Blut beziehungsweise Darmgasen [1]. Primäreaortoenterale Fisteln sind eine Rarität und entstehen de novo auf dem Boden von arteriosklerotischaneurysmatischen Veränderungen der Bauchaorta oder im Rahmen einer syphilitischen, tuberkulösen oder bakteriellen Aortitis, tumorösen oder peptischen Darmwandulzera, Gallensteinen, Fremdkörpern, Divertikulitiden oder nach Bestrahlung [1]. Sekundäre aortoenterale Fisteln hingegen sind definiert als solche, die nach offen chirurgischer oder interventioneller endoprothetischer Versorgung eines abdominalen Aortenaneurysmas auftreten. Sie stellen eine nicht so seltene (0,5%-4%) lebensbedrohliche Langzeit-Komplikation nach Endoprothesen-Implantation in der Bauchaorta dar [1]. Die mit Abstand häufigste Lokalisation ist mit 60% bis 80% zwischen Bauchaorta und Duodenum. Dies vor allem aufgrund der anatomischen Nähe der retroperitoneal fixierten Pars III und IV duodeni mit der Bauchaorta. Deutlich seltener sind Jejunum, Ileum und Kolon betroffen [2]. Die Pathogenese wird kontrovers diskutiert. Zum einen wird die repetitive mechanische Schädigung der Darmwand (Drucknekro-Abbildung 1 Endoskopisch kommt die mit Blutkoageln bedeckte und verkrustete Fistelstelle (mit Pfeil markiert) in der Pars II duodeni zur Darstellung.
doi:10.4414/smf.2010.07090 fatcat:umyjwka53vc45dvdrqbjb6bata