Hans Staden oder das Leben an den Rändern einer sich globalisierenden Welt [chapter]

2019 ReiseSchreiben  
Hans Staden oder das Leben an den Rändern einer sich globalisierenden Welt Von zahlreichen Mühen und Gefahren, aber auch mehreren Schiffbrüchen konnte auch der zwischen 1525 und 1528 geborene Hans Staden aus Homberg bei Kassel berichten. Seine Warhaftige Historia und Beschreibung eyner Landtschafft der Wilden, Nacketen, Grimmigen Menschfresser Leuthen war im Jahre 1557 erschienen, wurde in der Folge in zahlreiche Sprachen übersetzt und gilt bis heute als einer der Grundlagentexte zur Geschichte
more » ... Brasiliens und des europäisch-überseeischen Kulturkontakts. 1 Wir haben es also nicht mit einem marginalen Text, sondern mit einem tatsächlichen Klassiker des 16. Jahrhunderts zu tun. Dieser Reisebericht, der eine lange und durchaus spannende Rezeptionsgeschichte aufzuweisen hat, innerhalb derer sich eine prä-anthropologische, eine anthropologische, eine literarische und eine literaturkritische Lesart voneinander unterscheiden lassen, 2 bietet eine manche Elemente des pikaresken Romans, der sich zeitgenössisch auch in Deutschland zu verbreiten begann, aufnehmende, zugleich aber gerade die indigenen Kulturen der Tupi-Indianer beschreibende Struktur an, die ihren großen Erfolg den eher 'abenteuerlich' anmutenden Passagen verdankt. Es gibt keinen Zweifel angesichts des Erfolg dieses Bandes: Das Werk lässt sich als "Bestseller" des 16. Jahrhunderts bezeichnen. 3 Nach einer ersten, zwischen 1547 und 1549 unter portugiesischer Führung nach Brasilien unternommenen Reise geriet der hessische Armbrustschütze und Kanonier 1554, nach dem Schiffbruch seines spanischen Schiffes und einem waghalsigen Rettungsversuch, bei seinem zweiten Aufenthalt an der heute brasilianischen Küste für etwa neun Monate in die Gefangenschaft der Tupinambás und musste zusehen, wie diese einige seiner Mitgefangenen verspeisten. Hans Staden selbst überlebtesonst wäre es auch nie zu diesem Buch gekommen. Doch stellen wir die Erklärungen für das Überleben des Homberger Söldners noch ein wenig zurück.
doi:10.1515/9783110650686-014 fatcat:nnelctdp4bd57mkjbdbijlu3im