Von der Matrix zur Geste. Analytische Betrachtungen zu Karlheinz Stockhausens Klavierstück V

Majid Motavasseli
2017 Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie [Journal of the German-Speaking Society of Music Theory]  
Der Aufbau serieller Werke aus klar determinierten Strukturen einerseits und freien kompositorischen Entscheidungen andererseits erschwert nicht nur deren ästhetische Bewertung, sondern auch deren Analyse. Um ein Werk serieller Musik möglichst in seiner Ganzheit zu betrachten, sind rein quantitative Methoden auf der Basis von Skizzen, Matrizen usw. nicht ausreichend, sondern sie bedürfen einer Ergänzung durch qualitativ gewichtete Reflexionen der Hörwahrnehmung, nicht zuletzt da der Höreindruck
more » ... solcher Musik tendenziell nicht allein aus ihrer Notation bzw. Konstruktion abzuleiten ist. Das betrifft auch das Klavierstück V (1954) von Karlheinz Stockhausen, das von Fassung zu Fassung eine Verwandlung erfahren hat: von einer genau den Skizzenmaterialien entsprechenden und daraus konstruierten, gerüstartigen Ausarbeitung hin zu einer stark klangorientierten, expressiv-gestischen Komposition. Aus diesem Grund beleuchtet dieser Beitrag das Klavierstück V auf verschiedenen analytischen Ebenen. Neben einer quantitativen Untersuchung der ersten Fassung, basierend auf Skizzenmaterial und einer Auseinandersetzung mit der Druckfassung des Stücks hinsichtlich Klangqualität und Umsetzung des kompositorischen Gerüsts, wird das Stück hier ausgehend von einer strukturellen Analyse auch unter dem Aspekt der Hörwahrnehmung betrachtet, mit dem Ziel die Kluft zwischen Text und Klang, wie sie Ulrich Mosch 2004 dargelegt hat, zu überwinden.
doi:10.31751/872 fatcat:w4ttve27krcntb6kqlqmryjjdu