XXXIV. Zur kritik des Plutarch

C. Sintenis
1851 Philologus (Berlin)  
Dass die behutsame und fast schüchterne kritik, die ich in einigen theilen meiner ausgahe des Plutarch geübt habe, zu einer durchgreifenden bericlitigung des textes nicht hinreiche, weiss niemand besser als ich selbst. Wenn sie trotz dem mit Wohlwollen aufgenommen und als ein fortschritt betrachtet worden ist, so gehe ich in der hescheidenheit nicht so weit, dieses als eine unverdiente begünstigung zu betrachten, sondern erlaube mir darin eine in der eigentümlichen Sachlage begründete Würdigung
more » ... zu sehen, bei der es auf die person des herausgebers vor der hand einmal minder ankam. Das von mir eingehaltene verfahren war eine nothwendige reaktion gegen die eingerissene willkühr, der erste versuch einer auf bestimmte grundsätze gestützten kritik, mit allen mangeln eines ersten Versuchs, den ich gar gern andern überlassen hätte und nur unternahm weil sich kein besserer fand. Seit dem Engländer Hryanus, also seit mehr als hundert jähren, war für die gesamintheit der biographie» eine von urkundlichen quellen ausgehende kritik nicht geübt worden, und auch von ihm und dem fortsetzer und Vollender seines werks, dem gelehrten Moses du Soul, nur in einer weise, die den forderungen der gegenwart nicht mehr genügen konnte. Erwägt man nun, dass auch die über 150 jähre früher erschienene ausgabe von Henricus Stephanus eines ausreichenden nacliweises ihrer textbegründung entbehrt und dass von und seit Reiske mit fast vollständigem mangel an einsieht in die Sachlage an dem texte nicht eben blöde heruingeändert worden ist, so muss eine ausgabe, die sich vor allein die crforschung der quellen des überlieferten textes zur aufgabe stellte, als ein wirkliches bedürfniss betrachtet werden. Diesem bin ich nachdem im fortgange des werks die kritischen hülfsmittel eine ebenso erfreuliche als nothwendige ergiinzung und Vervollständigung erhalten hatten abzuhelfen bemühet gewesen. Jetzt wo die bcschaft'enheit des textes, wie er in den handschriften vorhanden ist, mit den mannichfachen abweichungen der einzelnen erkannt und zugleich die Überzeugung gewonnen ist, dass wesentliche
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