Verschiedenheit und Gleichheit? Rekonstruktionen zu umstrittenen Bezugsgrößen pädagogischer Anerkennung
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Nicole Balzer
2022
Ethik in pädagogischen Beziehungen
Verschiedenheit und Gleichheit? Rekonstruktionen zu umstrittenen Bezugsgrößen pädagogischer Anerkennung Zwar herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass 'Anerkennung' in ethischer Hinsicht für die Pädagogik bedeutsam ist; es ist aber keinesfalls immer dasselbe gemeint, wenn sie als ein ethisches Prinzip der Pädagogik postuliert wird. Vor diesem Hintergrund geht der Beitrag der Frage nach, wie Verschiedenheit und Gleichheit im erziehungswissenschaftlichen Diskurs als Bezugsgrößen pädagogischer
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... erkennung bestimmt sowie zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Zunächst werden drei Diskurslinien rekonstruiert, in denen die Verschiedenheit von Kindern und Jugendlichen als maßgebliche Bezugsgröße pädagogischer Anerkennung gilt. Während in diesen Diskurslinien Gleichheit von der Verschiedenheit her begriffen wird, werden anschließend Arbeiten skizziert, die Gleichheit implizit oder explizit als prioritäre Bezugsgröße pädagogischer Anerkennung veranschlagen. Der Beitrag zielt nicht allein auf einen Einblick in die Bedeutung von 'Anerkennung' als ethisches Prinzip der Pädagogik. Ein zentrales Anliegen ist es zudem, die bereits seit längerer Zeit dominante Überzeugung zu stören, dass der (anerkennende) 'Umgang mit Verschiedenheit' den Dreh-und Angelpunkt 'guter' Pädagogik darstellt. Wer sich, wie die Autor*innen der Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen, "die Stärkung anerkennender und die Verminderung verletzender Handlungsweisen in schulischen und außerschulischen pädagogischen Arbeitsfeldern" (Prengel u.a. 2017, 6) zum Ziel setzt, stößt vermutlich auf breite Zustimmung. Ernsthaft würde dieses Ziel wohl kaum jemand generell bestreiten oder gar das Gegenteil fordern. Breite Zustimmung ist auch deshalb zu erwarten, weil 'Anerkennung' ein allgemeines ethisches Prinzip ist, das folglich immer und nicht nur dann gilt, wenn man mit Anderen pädagogisch zu tun hat. 1 Ich schließe in diesem Beitrag an verschiedene vorherige Publikationen an (Balzer & Ricken 2010; Balzer 2012, 2019, 2020), ohne dies jeweils im Einzelnen auszuweisen. Die von mir in diesen Publikationen unternommenen Systematisierungen erziehungswissenschaftlicher Thematisierungen von 'Anerkennung' werde ich allerdings teils neu justieren und sowohl präzisieren als auch korrigieren. Für ihre differenzierte Rückmeldung zu einer ersten Fassung dieses Beitrags danke ich Constanze Berndt. Für zahlreiche Gespräche zur hier diskutierten Thematik danke ich Johannes Bellmann.
doi:10.35468/5960-06
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