Neurotechnologien aus der Perspektive einer Theorie konkreter Subjektivität [chapter]

Tobias Sitter
2021 Das Gelingen der künstlichen Natürlichkeit  
Zusammenfassung: Die Manipulation neuronaler Strukturen durch Neurotechnologien geht gerade beiAnwendungenamGehirn oftmals mit intendierten oder unerwünschtenEinflüssen aufg eistig-psychische Aspektemenschlicher Lebensvollzüge einher. Daher sind für ein fundiertes Verständnis neurotechnologischer Entwicklungenu nd Anwendungena nthropologische Überlegungenü ber das Verhältnis des Bewusstseins zu den technisch manipulierbaren organismischen Strukturen bzw.ü ber die psycho-physische Konstitutiond
more » ... s Menschen unumgänglich.Vor diesemHintergrund verfolgt der vorliegende Beitrag das Ziel, durch die Skizze einer Theorie konkreter Subjektivität einen allgemeinena nthropologischen Reflexionsrahmen für dasFeld der Neurotechnologie zu entwickeln, der einerseits den spezifischen irreduziblen Eigenschaften des menschlichen Bewusstseinsu nd andererseits der realen Möglichkeit seiner Beeinflussungd urch Neurotechnologien Rechnung tragen kann. Hierfür wird zunächstdie irreduzible Grundstruktur des Bewusstseins aufgezeigt.I ndem sie dabei zugleich als unhintergehbare Voraussetzung für das Erfüllen vonR ationalitätsstandards lebensweltlicher und wissenschaftlicher Praktiken ausgewiesen wird, können diegerade auch in den Neurowissenschaften -weit verbreiteten reduktiv-naturalistischen Deutungen des Bewusstseins, die seinev ollständigeReduzierbarkeit auf physische kausal-funktionalen Strukturen behaupten, als unzulänglichz urückgewiesen werden. Den Kern der Theoriek onkreter Subjektivität bildet die anschließende Bestimmung des Menschen als binnendifferenzierte Einheit,i nd er Bewusstsein und Organismus als zwei zu unterscheidende, nicht aufeinander reduzierbare und einander bedingende Momente verschränkts ind.D as omit einerseits die spezifischen irreduziblen Charakteristikad es Bewusstseins, andererseits seine konstitutive Einbettungi no rganismische Strukturen und damit auch in einen technisch manipulierbaren Naturzusammenhang berücksichtigt werden, erweist sich diese anthropologische Perspektive als geeigneter Reflexionsrahmen, um das allgemeineV erständnisd er neurotechnologischen Einflussnahme aufm enschliche Lebensvollzüge mitsamt ihren geistig-psychischen Aspekten schärfens owie konkreteA nwendungsfälle differenziert beurteilen zu können -beides wird in einem abschließenden Teil exemplarisch demonstriert.
doi:10.1515/9783110756432-006 fatcat:vjuyse6vmbhalboiip75tbobdu