Stellenwert in der Schmerztherapie Metamizol: Nutzen und Risiken im Vergleich zu Paracetamol und NSAR Im Tierexperiment zeigt Metamizol spasmolytische

Med Haschke, E Matthias, Liechti, Matthias Liechti, Manuel Haschke
unpublished
* Die beiden Autoren haben zu gleichen Teilen zum Artikel beigetragen. In der Schweiz stehen nichtsteroidale Antirheumatika, Paracetamol und Metami-zol (Novaminsulfon, Dipyrone) als nichtopioide Schmerzmittel zur Verfügung. Die Sicherheit von Metamizol ist insbesondere wegen der Gefahr einer Agranulozytose seit vielen Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen. Mehrere in den letzten zwei Jahren veröffentlichte Arbeiten ermöglichen nun eine bessere Beurteilung von Nutzen und Risiko sowie die
more » ... leitung von Empfehlungen für die Praxis. Hintergrund Metamizol ist ein Nichtopioid-Analgetikum. In Latein-amerika, Asien, Afrika und vielen europäischen Län-dern ist Metamizol rezeptpflichtig und zum Teil auch ohne Rezept erhältlich [1, 2]. In den USA, Grossbritan-nien, Frankreich, Dänemark, Schweden und Norwegen hingegen wurde es wegen des Agranulozytoserisikos nicht zugelassen oder vom Markt zurückgezogen [1, 3, 4]. Die Verwendung von Metamizol ist stark zunehmend [5-7]. In Deutschland ist es das am meisten verwendete Analgetikum in Pflegeheimen [8]. Metamizol ist in der Schweiz indiziert bei starken Schmerzen und hohem Fieber, die auf andere Mass-nahmen nicht ansprechen [9]. In der Praxis werden Paracetamol, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Metamizol bei ähnlichen Indikationen eingesetzt, zum Beispiel bei postoperativen Schmerzen. Sie zeigen aber relevante Unterschiede in ihrem Wirkprofil und ihren unerwünschten Wirkungen. Das Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, den Stellenwert von Metamizol als Schmerzmittel anhand der neuesten Datenlage zu beurteilen. In den letzten Jahren wurden mehrere Analysen zu Sicherheit und Wirksamkeit publi-ziert [1, 3, 6, 10-17], darunter zwei systematische Analysen der «Cochrane Collaboration» [18, 19]. Die Wirksamkeit und die unerwünschten Wirkungen werden darge-stellt und mit jenen anderer nichtopioider Schmerz-mittel verglichen. Insbesondere wird das Risiko einer Agranulozytose durch Metamizol abgeschätzt und im Kontext der unerwünschten Wirkungen anderer alter-nativer Schmerzmittel diskutiert. Wirkmechanismus Metamizol ist ein Analgetikum mit schwacher anti-inflammatorischer Wirkung. Der genaue Wirkmecha-nismus ist nicht bekannt und es werden verschiedene Mechanismen inklusive Hemmung der Cyclooxige-nasen (COX) COX-1 und COX-2 diskutiert [20-32]. Im Ge-gensatz zu den NSAR scheint die Hemmung der COX-1 bei normaler Dosierung von Metamizol relativ schwach ausgeprägt zu sein, was erklärt, warum kaum klinisch relevante Blutungen beobachtet werden. Unklar ist, warum trotz COX-Hemmung die Nierenfunktion im Gegensatz zu NSAR durch Metamizol kaum beein-trächtigt wird. Wirksamkeit Metamizol ist ein effektives Analgetikum. Die «number needed to treat» (NNT) für eine mindestens 50%ige akute postoperative Schmerzreduktion mit 500 mg oralem Metamizol liegt bei 2,4 (95% CI 1,8-3,1) [18], ver-gleichbar mit NSAR [19, 33, 34] oder schwachen Opio-iden [35]. Bei Krebsschmerzen zeigt sich eine signifi-kante Schmerzreduktion durch Metamizol gegenüber Plazebo, selbst in tiefen Dosen (1,5-2 g/Tag) [16]. Höhere Metamizol-Dosen (3 × 2 g/Tag) waren effektiver als tiefe Dosen (3 × 1 g/Tag) und vergleichbar wirksam wie Morphin (60 mg/Tag per os) [16]. Die Schmerzreduk-tion durch Metamizol oder NSAR unterschied sich nicht bei Krebsschmerzen [16]. Postoperativ war Meta-mizol in einer Studie wirksamer als Diclofenac [36].
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