Kultur, Qualität, Trash? Zur ästhetischen Erfahrung des Fernsehens
Jule Korte, Mediarep.Org
2021
Zeitschrift für Kulturwissenschaften
Welches Fernsehen, welche Kultur, welche Erfahrung? In diesem Beitrag geht es um Fernsehen als ästhetische Erfahrung. Insbesondere, wenn es -wie in diesem Heft -vor dem Hintergrund der Frage nach kultureller Bildung um Fernsehen geht, scheint es notwendig, zumindest zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Fernsehen als Bezugspunkte zu unterscheiden, haben doch beide Felder unterschiedliche Visionen. Und doch möchte ich diese analytische Unterscheidung hier erst einmal nicht vornehmen. Denn
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... mir geht es nicht um eine Diskussion oder Bewertung einzelner Formen von Kultur-oder Trash TV, sondern um einen Entwurf des Fernsehens selbst als alltägliche, kulturelle und ästhetische Erfahrung, die eine solche Unterscheidung in Formen oder Formate der Hoch-und/oder demgegenüber solche der Alltagskultur grundlegend durchquert. 1 2017 übertitelt Christian Hißnauer einen Beitrag zur medialen Ausdifferenzierung von Dokumentarfilmen, Fernsehdokumentarismus und Reality TV mit The Good, the Bad, and the Ugly (Hißnauer 2017). Er erläutert hierzu: »Dokumentarfilm steht dabei in der Regel für (den öffentlich-rechtlichen) Qualität(sanspruch), Fernsehdokumentarismus oder -journalismus für den ›uninspirierten‹ Fernsehalltag und Reality-TV für undiskutables ›Trash-TV‹« (ebd.: 203). »Da sich«, so Hißnauer weiter, aber »die ontologische Basis« der drei Formen nicht unterscheide, stelle »sich hier die Frage nach den Abgrenzungspraxen und Distinktionsstrategien im dokumentarischen Feld« (ebd: 203f.). In meinen Beitrag geht es nicht um dokumentarische Formen, durchaus aber um Abgrenzungspraxen und Disktinktionsstrategien, die das Sprechen (oder Schreiben) über ›Fernsehen‹ diskursiv begleiten. Trotz der Entwicklung weg vom linearen, zeitlich vorstrukturierten Fernsehen hin zu einer zeitlich unabhängigen ›Streaming-Kultur‹ ist Fernsehen dennoch als eine der wichtigsten Kulturtechniken der letzten 50 Jahre zu 1 Für eine ausführlichere Diskussion einer solchen Konzeption sowie der prozessualen und relationalen Dimensionen von ›Fernseherfahrung‹, die empirisch am Beispiel einer Studie mit Jugendlichen als »Erfahrungsökologien« ausgearbeitet wurden, vgl. Korte 2020 (in Vorbereitung).
doi:10.25969/mediarep/16767
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