2. Vom Interesse daran, wie Laien Sprache wahrnehmen [chapter]

2019 Dialekte machen  
Vom Interesse daran, wie Laien Sprache wahrnehmen Und das klingt jetzt vielleicht ein bisschen lächerlich -aber wir Nidwaldner fühlen uns immer mit den Bergkantonen verbunden. Es ist ein Singen in der Sprache. Draw-a-map-task Grossraum, Proband PB18 Bis das Interesse daran, wie Laien Sprache wahrnehmen, wissenschaftlich gutgeheissen wurde, dauerte es einige Zeit (vgl. Niedzielski und Preston 2003). Gespiegelt wird dieser Umstand auch in der Geschichte der traditionellen Dialektologie, der
more » ... lich wenig an Laienmeinungen zu Sprache lag (Löffler 2010). Als man begann, regionalsprachliche Daten zusammenzutragen, um ihnen Dialekträume und Dialektgrenzen abzugewinnen, war es oberstes Ziel, Sprache zu erheben, die möglichst «rein» war von äusseren Einflüssen (Haas 1992). Befragt wurden Sprecherinnen und Sprecher, die diese Sprache der Meinung der Dialektologen nach verkörperten: alteingesessene Bewohner von Orten, die diese Orte sprachlich am besten repräsentierten. In diesem Kontext war jegliche Variation wie auch jegliche Einschätzung von Sprecherseite unbeliebt, da sie vom eigentlichen Forschungsziel ablenkte, dieses unter Umständen gar verunmöglichte; Bekundungen und Wertungen von Laien wurden darum möglichst umgangen (Löffler 2010, S. 40). Dies spiegelt sich auch in den Publikationen, die zu solchen dialektologischen Erhebungen greifbar sind: Wenn, dann fungieren laienlinguistische Kommentare in eigenen Kategorien und peripheren Positionen (vgl. dazu die «Hinweise der Gewährsleute» im SDS). Der Dialektologie dieser Zeit fehlte die nötige Terminologie und auch die Methodik, um laienlinguistisches Wissen zu beschreiben -überhaupt aber waren die Interessen ganz anders geartet (Löffler 2010, S. 40). Im Zuge der pragmatischen Wende der 1960er/ 1970er Jahre orientierte sich die Dialektologie um. Einflüsse aus benachbarten Disziplinen wie den Kognitionswissenschaften, der Soziologie und Psychologie ermöglichten ein Umdenken hinsichtlich des eigenen Forschungsgegenstandes: Sprachliche Variation und metasprachliches Wissen wurden nicht länger ignoriert, sondern als relevante Faktoren in die Forschungsagenda aufgenommen. Einstige «Störfaktoren» wurden so zu «Impulsgebern» und inspirierten die Forschungslandschaft (Löffler 2010, S. 41). Diese Entwicklungen ebneten auch den Weg für die Wahrnehmungsdialektologie. Da sie den Ausgangspunkt vorliegender Arbeit bildet, soll sie in Kap. 2.1 kurz umrissen werden: Besprochen werden die Interessen dieser jungen Disziplin und wahrnehmungsdialektologische Forschungsarbeiten, die in vorliegendem Zusammenhang relevant sind. In Kap. 2.2 wird vertieft auf das Konzept des Open Access. © 2020 Alexandra Schiesser, publiziert von De Gruyter. Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 Lizenz.
doi:10.1515/9783110660234-002 fatcat:w66zkroruje75nctryuugbxpse