Care provision of persons with diabetes inGermany:what is the present position?
W A Scherbaum, H Hauner
2003
Deutsche Medizinische Wochenschrift
Editorial Der Diabetes mellitus hat sich in den letzten Jahrzehnten zur führenden Volkskrankheit entwickelt, die inzwischen rund 10% der deutschen Bevölkerung betrifft. Die Konsequenzen sind beträchtlich: Diabetiker haben ein stark erhöhtes Risiko für mikrovaskuläre Folgekrankheiten, wie Retinopathie, Nephropahie und Neuropathie. Ebenso ist das Risiko für arteriosklerotische Komplikationen, wie Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheit bei Diabetikern gegenüber
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... -Diabetikern auf über das Doppelte erhöht. Die gesundheitsökonomischen Folgen dieser Epidemie sind dramatisch. Bis zu 25% der Ausgaben in den Gesundheitssystemen der Industrieländer müssen für Menschen mit Diabetes mellitus aufgewendet werden (1). Dabei schlagen vor allem die Kosten für die weitgehend vermeidbaren Folgeerkrankungen zu Buche, die die Aufwendungen für die eigentliche Diabetestherapie deutlich überschreiten (6). Die St. Vincent-Deklaration und ihre Konsequenzen Die Qualität der medizinischen Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus wurde erstmals in der zweiten Hälfte der 80er Jahre in größerem Umfang thematisiert. Dabei wurde rasch deutlich, dass die betroffenen Menschen zu wenig vom Kenntnisstand der Medizin profitierten, also ein Umsetzungsproblem bestand. Die daraus resultierende St. Vincent-Deklaration von 1989 formulierte erstmals ehrgeizige Ziele und Aktionspläne, um die damals höchst unbefriedigende Qualität der medizinischen Versorgung von Menschen mit Diabetes zu verbessern (14). Obwohl die konkreten Ziele nicht realisiert werden konnten, war es das große Verdienst dieser Initiative und ihrer Befürworter, zunächst Aufmerksamkeit für dieses Thema geschaffen und viele Aktivitäten auf unterschiedlichs-ten Ebenen angestoßen zu haben, die sich langfristig sehr positiv ausgewirkt haben. So z.B. einige Aktivitäten der Deutschen Diabetes-Gesellschaft wie die Etablierung des Diabetologen DDG, der Diabetesberaterin bzw. Diabetesassistentin DDG und die Zertifizierung von qualifizierten Schulungs-und Behandlungseinrichtungen. Daneben waren die Einführung evaluierter Schulungsprogramme und des Gesundheitspasses Diabetes wichtige Meilensteine, um die Qualität der Diabetesversorgung zu verbessern. Hat sich die Diabetikerversorgung in Deutschland wirklich verbessert? Da Versorgungsforschung in Deutschland wegen fehlender Resourcen kaum stattfindet, stehen nur wenige Daten zur Beantwortung dieser Frage zur Verfügung. Danach hat sich die Struktur-und Prozessqualität in den letzten 15 Jahren deutlich verbessert. Während im Jahr 1988 nur bei 8% aller Diabetiker im Laufe des Jahres eine HbA1c-Messung abgerechnet wurde (3), stieg der Anteil auf rund 60% im Jahr 2001. Auch die Blutzuckerselbstkontrolle wird von insulinbehandelten Patienten heute wesentlich häufiger und intensiver genutzt als dies 1988 der Fall war. Allerdings führt die große Mehrheit der nicht insulinbehandelten Diabetiker weiterhin keinerlei Stoffwechselselbstkontrolle durch. Auch wichtige Screeningmaßnahmen zur Erkennung von diabetestypischen Komplikationen werden so gut wie nicht (Mikroalbuminuriebestimmung) oder völlig unzureichend (Fundoskopie) eingesetzt. Gerade die Betreuung von Menschen mit Typ-2-Diabetes ist unbefriedigend bzw. auf einem Niveau, der bestenfalls einer Minimalversorgung entspricht. Inwieweit sich die Ergebnisqualität verbessert hat, ist weniger gut zu beantworten, da die wenigen Studiendaten widersprüchlich sind. So zeigt eine Studie aus Jena, in der die Diabetestherapie und ihre Ergebnisse von1994/95 mit der Situation 1989/90 verglichen wurde, dass trotz eines gewachsenen Aufwands und Resourcenverbrauchs der mittlere HbA1c-Wert nicht verbessert werden konnte: Eine Ausnahme bildeten Patienten, die von Diabetesspezialisten betreut wurden (12). Eine ähnlich schlechte Stoffwechseleinstellung fand sich bei Diabetikern, die in hausärztlichen Praxen betreut wurden (4). Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-2003-39347
pmid:12761695
fatcat:ynqpym3bbbebvhg6b6mulonsxi