Einige Technik-Katastrophen im Lichte der Ingenieurethik

Hans Lenk
2011
explodierte der Raumgleiter Challenger. Die gesamte Besatzung, sieben Astronauten, kam(en) ums Leben. Der Verlauf der Katastrophe lässt sich minutiös rekonstruieren. Die unmittelbare Unglücksursache war ein spröder Gummidichtungsring an einer der Antriebsraketen. Treibstoff trat an dieser Stelle aus, wurde entzündet und der Raumgleiter explodierte. Die Dichtungsringe wurden schon seit längerem als eine der Schwachstellen von Ingenieuren der Herstellerfirma der Raketen, Morton Thiokol,
more » ... Kritisch für das fehlerfreie Funktionieren, die Elastizität der Dichtungen waren insbesondere Temperaturen unter 0°C; als ideale Starttemperatur galt 10°C. Noch am Vorabend des Starts hatten sich Ingenieure des Raketenherstellers -vor allem Allen McDonald, der Projektleiter, und v.a. Roger Boisjoly, der Experte für Raketendichtungen -gegen einen Start ausgesprochen. In einer Telefonkonferenz mit der NASA machten sie nochmals (nachdem sie vorher jahrelang auf diese Schwierigkeiten hingewiesen hatten!) auf die Schwierigkeiten bei niedrigen Temperaturen aufmerksam -für den nächsten Tag, den Tag des Starts wurden diese erwartet. Die NASA und deren Projektmanager, Larry Mulloy, drängten aber auf einen Start. Der NASA-Projektmanager wies insbesondere daraufhin, dass es keine Starteinschränkungen wegen bestimmter Temperaturen gäbe. Die Telefonkonferenz wurde daraufhin unterbrochen. Die Bedenken der Ingenieure wurden auch Robert Lund, einem Ingenieur und stellvertretenden Direktor der Ingenieurabteilung beim Raketenhersteller Morton Thiokol, vorgetragen. Lund schloss sich den Bedenken an und berichtete hiervon seinem Vorgesetzten, dem Ingenieur Jerry Mason. In einer internen Besprechung beim Raketenhersteller Thiokol sagte Mason dann zu Lund den entscheidenden, die Diskussion beendenden Satz: "Take off your engineering hat and put on your management hat". Lund kapitulierte und stimmte der Startfreigabe zu. Er teilte dies dem Projektleiter der NASA mit. Dieser wiederum meldete seinen Vorgesetzten die Startfreigabe durch den Raketenhersteller Thiokol, ohne dessen Bedenken zu erwähnen. So nahm das Unglück seinen Lauf. Die beiden sich hauptsächlich gegen einen Start aussprechenden Ingenieure McDonald und Boisjoly -sie sagten auch entsprechend vor der Kom-
doi:10.5445/ir/1000024969 fatcat:q7xhwvdczzdyzkkxc63uqkc7c4