Umschau über die neueren Arzneimittel im Jahre 1892. IV. Nervina (Fortsetzung aus No. 7.)
I. Boas
1893
Deutsche Medizinische Wochenschrift
Iv. Nervina. Thymacetin. Thymacetin stellt ein weisses, krystallinisehes , in Wasser nur wenig lösliches Pulver dar. Genauere Untersuchungen über die physiologische Wirkung des Mittels stehen noch aus. Es hat die Formel: Cil3 0C2115 C3117> C6H2 <NH (Cil3 CO). Es steht also zum Thymol in demselben Verhältniss wie das Phenacetin zum Phenol. Das Mittel ist von Prof. J o I 1 y zuerst angewendet ; in Dosen von 0,25-1,0 bewirkt Thymacetin bei nervösen Kopfschmerzen Linderung , ihnlich wie das
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... in ; in einigen Fällen rief es Congestionen nach dem Kopfe hervor, in anderen trat Schläfrigkeit oder Schlaf ein. Unter 26 Patienten, meist Paralytiker oder Deliranten, wirkte es 16mal hypnotisch, in den übrigen Fällen blieb die Wirkung aus. Analgen. Dasselbe ist seiner Zusammensetzung nach Ortho-Aethoxyana-Monobenzoylamidochinolin und hat die Formel: C9H5.0C3115.NH.COC6 H . N. Es stellt ein weisses , in Wasser fast unlösliches , geschmackloses Pulver dar; in kaltem Alkohol ist es schwer, in heissem Alkohol und ebenso in verdünnten Säuren leichter löslich. Schmelzpunkt liegt bei 208° 0. Indem wir bezüglich der übrigen Eigenschaften des von G. Löbell und G. N. Vis der Therapie zugeführten Mittels auf die Originalarbeit der Verfasser (diese Wochenschrift 1892 No 44) verweisen, bemerken wir nur, dass das Mittel durch die Magensäure gelöst wird, und dass hierdurch bereits eine Spaltung in Benzoösäure und Ortho-Aethoxy-ana-Amidochinolin erfolgt; ein anderer Theil wird nach Resorption theils gespalten , zum Theil tritt eine Zerstörung des Molekûls ein. Durch die Ausscheidung von Benzoösäure wird der Urin blutroth gefãrbt. Das Mittel ist, wie Thierversuche gezeigt haben, ungiftig. Therapeutische Versuche auf der Bumler'schen Klinik ergaben, dass das Mittel antifebrile und antineuralgische Wirkung entfaltet. Der Temperaturabfall erfolgt unter Schweissausbrach. Als Antineuralgicum war das Mittel in einzelnen Fiillen von Kopfschmerzen unbestimmter Art wirksam , in anderen unwirksam. Ausserdem liegen noch weitere Beobachtungen vor über den Nutzen des Mittels bei Kopf-und Nervenschmerzen, Migräne, Ischias, Tabes, Muskelrheumatismus , Gicht und anderen. Doch sind die Erfolge nur zum Theil zufriedenstellend. Die Dosis des Mittels beträgt 0,5 als Pulver, die Tagesgabe 3,0-5,0. Agathin. Das Mittel wird erhalten , indem man gleiche Moleküle voll Salicylaldehyd und assymmetrischem Methylphenylhydrazin entweder direkt oder in einem Lösungsmittel wie Methylalkohol oder Aethylalkohol einwirken lässt. Es hat die Formel: C6H4.OH.CH:N.N.CH3CSH5. Es stellt weisse Blättchen dar, die geruch-und geschmacklos, in Wasser unlöslich, in Alkohol und Aether löslich sind und bei 74° 0 schmelzen. Das Mittel hat sich nach E. Ros cub aum bei rheumatischen Affectioneii und Neuralgieen in Dosen voll 0,12-0,5 sehr bewährt. Die Wirkung soll erst nach einigen Tagen, wenn etwa 4G g des Mittels verbraucht sind, eintreten. Das Mittel soll ungiftig sein. Weiteres bleibt abzuwarten. (Vgl. die inzwischen erschienene Mittheilung von lIb erg, diese Wochenschr. No. 5.) Euphorine. Köster hat das bereits im vorigen Jahrgang (p. 199) beschriebene Mittel nach verschiedenen Richtungen hin geprüft. Dem Mittel kommt nach genanntem Autor eine kräftige, antithermische Wirkung zu, ist aber unsicher. Als Sedativum und Antirheumaticum scheint das Mittel unseren bisher gebräuchlichen entschieden nachzustehen.
doi:10.1055/s-0029-1205440
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