Über das Spratzen der sauren Vanadate einwertiger Metalle
Wilhelm Prandtl, Hans Murschhauser
1907
Zeitschrift für anorganische Chemie
Mit 10 Figuren im Text. Wenn metallisches Silber an der Luft geschmolzen wird, so nimmt es bekanntlich Sauerstoff auf; beim Erstarren des fliissigen Metalles entweicht aber das aufgenommene Gas wieder, und zwar so lebhaft, d& kleine SilbertrGpfchen verspritzt werden, wiihrend sich auf der Ohflbhe des erstarreaden Metalles blumenkohlihnliche AuswUchse bilden. Diese Erscheinung wird als das S p r a t z e n des Silbers bezeichnet. Im Jahre 1880 beobachtete HAUTmXUILLI, dafs auah die geschmolzenen
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... aurea Vanadate des Kaliums, Natriums und Lithiurns anter lebhafter Basentwickelung erstarren; das entweichende Gas ist wie beim metallischen Silber reiner Sauerstoff, der offenbar aus der Luft aufgenommen wurde. HAUTEFEUILILLE konstatierte ferner, da% auch beim Zusammenschmelzen von Vanadin'pentoxyd, V,O, , mit Alkalicarbonaten bzw. beim Erstarren solcher Schmelzen Sauerstoff frei wird. Er nahm deshalb an, dals das Vanadinpentoxyd bereits Sauerstoff gel6st enthLlt und dals es diesen bei seiner Bindung an die Alkalioxyde abgebe. Er vermutete, dare dime Eigenechaft dea Vanadinpentoxyds von Einflut auf rtlle Atomgewichtsbestimmungen des Vanadins sein musse , bei denen V,O, gewogen wird. Im iibrigen fand HAIJTEPXUILLE, dds die sauren Vanadate des Kaliums, Natriums und Lithivms um so lebhafter spratzen, je 8aurer eie sind, und er bestimmte die jaweils eatwickelten Sauerstoffmengen. Als Ursache des Spratzens scheint er angenommen zu haben, d a b die sauren Vanadate beim Schmelean in weniger saures Salz und in freie Vanadinsaure zorfallen, welch letztere dann Compt. rend. 90 (1880), 744-747. Sauerstoff absorbiert ; bei der Kryatallisation der Schmelze findet aber eine Riickbildung des urspriinglichen Vanadates utatt, wLhrend der aufgenommene Sauerstoff wieder entweicht. Dafs reine geschmolzene Vanadinslure ohne jede Gesentwickelung in schiinen fiystdlen erstarrt, war schon B E B~E L~S bekannt, ebeneo, dafs unreines Vanadinpentoxyd bei der Krystallisation UnregelmiiIsigkeiten zeigt. In seiner grundlegenden Arbeit uber das Vanadium und seine Eigenachaften schreibt er l: "Schmilzt man die SLure, noch ehe sie vollsthdig oxydiert ist, so dafa sie also noch Vanadinoxyd enthalt, so kryatallisiert sie nicht, wie eben erwtihnt wurde, sondern im Erstarrungsmoment entstehen darin blumenkohl&hlhnliche Auswiichse, und nach dem Erkalten ist die Masse schwarz. Auch lafat sie nun nicht von dem Tiegel 10s. Dasselbe Verhdten zdgt die Siure auch, wmn sie Metalloxyde enthtilt. Durch einen sehr geringen Gehalt von Qanadinoxyd wird die Krystallimtion nicht gehindert; allein die Farbe der erstarrten Masse ist alsdttnn dunkler und ins Violette ziehend" Gelegentlich einer Arbeit fiber die Trennung von Vanadinahre und Pho8phorsb-m beobachtete W. PBANDTL, dab eine Schmelzo von reinem Vanadinpentoxyd und Natriumphospbat unter lehhafter Sauerstoffentwickelung erstarrte. Beim Behandeln der Schmelze mi t heireem ammoniakallischen Wasser hinterblieben reichliche Mengeii eines grauschwarzen krystallinischen Pulvers , das zweifellos eirie niedrigere Oxydationsstufe des Vanadins enthielt , sich aber gegen Losungs-und Oxydationsmittel, wie Salpetersiiure, zieiulich widerstandshhig zeigte. Dieses Pulver b e d s die bemerkenswerte Eigenwhaft, beim Schmelzen an der Luft (bei Rotglut) Sauerstoff aufzunehmen und ihn beim Erstarren unter lebhaftem AufschPumen wieder abzugeben, ohne sich dabei irgendwie zu vertindern. Es zeigte sich, dafs die PhosphorsiLure an der Bildung dieses Stoffes nicht beteiligt ist, d a b vielmebr ghnliche Verbindungen stets, aber in jeweils mit den Versuchabedingungen wechselnden Mengen entstehen, wenn man Vanadinpentoxyd mit den Oxyden, Carbonaten, Nitraton, Phosphaten, Boraten usw. der einwertigen Metalle Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Casium und Silber in einem derartigen Verh<nis zusarnmenschmilzt , d d s V,O, : Me',O > 1. Die Schmelzen erstarren beim Abkiihlen unter mehr , oder weniger lebhafter Entwickelung Ann. Phy8. (P0gg.J 22 (1831), 9. Ber. dezlbch. ohm. Ge8. 38 (1905), 667. voa Sauerstoff ilnd hinterlassen beim Behandeln mit heirsem ammoniakalischen Wasser dunkelblane, dunkelgriine oder schwarzbraune Nadeln. Letztere enthalten V,O" V,04 und Me,O(Me = Li, Na, K, Rb, Cs, Ag) und sind demnach als Alkalivanadylvanadate zu bezeichnen. HAUTEFEUILLE erwkhnt von der Bildung dieser Verbindungen nichts; er hat anscheinend seine Schmelzen chemisch nicht weiter unteraucht, wohl in der festen Uberzeugung, d d s beim Zusammenschmelzen yon' Vanadinpentoxyd und Alkalicarbonaten keine andere chemiache Re$ktion eintreten kbne, als &en die Bildung von Vanadaten. Mit Rfbksicht auf die Sauerstoffentwickelung beim Erstarren der Schmelzen ,bemerllt er ausdrlicklich : "Le degagement d'oxygene ne peut Btre+gttribuB h la d6composition de l'acide vanudique par la chaleur phoduite par la combinaison de cet acide avec l'alcali, oar c'est un & b e i s s e m e n t de temperature qui le determine((. RANMIWSBO dagegen erhielt beim Gltihen oxydhaltiger Vanadinshre mit -Lithiurncarbonat und Auslttugen der Schmelze mit Wasser s c h q m e mikroskopiscbe Krystalle eines vanadinRauren B nur Spuren von Lithium enthielt und sich in efelslure oder in SalpetersOure mit blaugriiner RAMMELSBHRG gibt der Verbindung die Formel V,O,.2VO9 ; 1' lag aber jedenfalls ein Lithiumvmadylvanadat vor, wis wir es Mederholt erhdten habena8 Von einer Sauerstoffeentwickelung beim Erkrtlten seiner Schmelze erwiihnt RAMMELSBERG niohhts, wiewohl sie zweifellos eintrat. W. PHAMDTL stellte dann fest, dafs die Bildung der erwiihnten Alkalivanadylkmadate die Ursache des Sprstzens der Vanadinschmelzon ist, ferner, daB diese Vantnadylvanadate beim erneuten Schmelzen an der Luft wiader Sauerstoff aufnehmen und iu mure Vanadate iibergehen, urn beim Erkalten abermals in Vanadylvanadat, und Sauerstoa$ zu zerfallen usw. Es lag hier also eine bis dahiri experimente3E. noch nicht beobachtete Dissoziation einer sauer-stoffreichare~:Verbindung (sauros Vanad at) in eine sauerstoffarniere (Vanadylvanadat) und in freien Sauerstoff bei T e m p e r a t u r e r n i e d r ig u n g vor. Der Zweck unserer vorliegenden gemeinschaftlichen Untersuchung war die Beantwortung nachsteheuder Fragen: SatzuPlgeber. d. kgl. preuss. Akad. Berlin 1883 I, 20-21. Vgl. s. 200.
doi:10.1002/zaac.19070560113
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