Zur Behandlung der pathologischen Fixationen des Uterus1)

1901 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Wer sich in unseren LehrMichern iiber die Behandlung der pathologischen Fixationen des Uterus orientiren will, der wird es als eine auffallende Lücke empfinden, dass er hierilber so wenig Zusammenhängendes und Bestimmtes ausfindig machen kann. Und doch ist die complizirte Lageveräriderung des Uterus meiner Ansicht nach eine sehr wichtige Erkrankungebenso wichtig, wie die mobile Retroflexio unwichtig und unschuldig ist! Bei jener haben wir stets einen und denselben prägnanten Symptomencomplex;
more » ... i der beweglichen Retroflexio dagegen bleibt es in den meisten Fällen dem subjektiven Ermessen oder der mehr oder weniger ausgebildeten Phantasie eines jeden überlassen, wieviel und welche der Beschwerden er ursächlich mit dem Befund in Zusammenhang bringen will. Es schien mir deshalb nützlich zu sein, in dieser Gesellschaft, die ja soviel über die bewegliche Retroflexio diskutirt hat, einmal auch das Thema "fixirte Lageveränderungen des Uterus" zur Sprache zu bringen und durch eine kritische Beleuchtung der verschiedenen Behandlungsmethoden, sowohl bezüglich ihrer Indikationen, als auch bezüglich ihrer Resultate die Gesellschaft zu Aeusserungen fiber dieses Thema anzuregen. Die Wichtigkeit einer Erkrankung erhellt zunächst einmal aus ihrer Häufigkeit. Es ist in der That erstaunlich, wie ausserordentlich oft der Gynäkologe sich mit Fixationen des Uterus zu beschäftigen hat. Unter 2400 Privatpatientinnen, die ich hier in Berlin behandelt habe, fand ich 140 mal eine Retroflexio, resp. Retroversio uteri fixati, d. h. in 5,8°/e der Fälle, und unter 3160 poliklinischen Patientinnen fand ich 227mal dieselbe Erkrankung, d. i. in 7,1°/e der Fälle. In kleineren Städten mag dieser Prozentsatz ein wesentlich niedrigerer sein, ich entsinne mich wenigstens nicht, während meiner ganzen Assistentenzeit in Giessen und in Würzburg irgendwie nennenswerthe Erfahrungen tiber Fixationen des Uterus haben sammeln zu können, und dies kann nur daran liegen, dass das Krankenmaterial in dieser Hinsicht in kleinen Städten und auf dem Lande ein anderes ist als in der Grossstadt. Hier in Berlin jedenfalls leidet jede 15. bis 17. Patientin des Gynäkologen an Verwachsungen des Uterus. Diese Häufigkeit der Erkrankung kann kein Zufall sein. Sie ist einzig und allein die Folge der erschreckend grossen Zahl gonorrhoisch infizirter Frauen. Die Gonorrhoe rangirt in der Aetiologie der Beckenbauchfellerkrankungen an erster Stelle. Sobald sie einmal den Uterus und seine Adnexe ergriffen hat, kommt es in den weitaus meisten Fällen auch zu einer Erkrankung des Beckenperitoneums, die mit mehr oder weniger starken Verwachsungen der Beckenorgane endet. Charakteristisch für derartige gonorrhoische Erkrankungen ist das häufige Rezidiviren der sogenannten Unterleibsentzündungen. Bei keiner anderen A etiologic sieht man ähnliches. Die Gonococcen sind eben noch im Uterus oder in den Tuben vorhanden, und nach irgendwie grösseren körperlichen Anstrengungen oder auch nach neuen Infektionen durch den Mann kommt es zu akuten Nachschüben, die von zahlreicheren und festeren Adhäsionsbildungen gefolgt sind. Nächst der Gonorrhoe liefert die puerperale Infektion die meisten Erkrankungen des Beckenperitoneums. Diese aber sind insofern günstiger, als sie -nach meinen Erfahrungen wenig-
doi:10.1055/s-0029-1186748 fatcat:l7bm4mdapvgbnmhbumzetrc7hy