Die Pest zu Leipzig im Jahre 1680
1879
Deutsche Medizinische Wochenschrift
Docent an der Universität zu Leipzig. Die Geschichte der Pest-Epidemie, welche im Jahre 1680 die Stadt Leipzig heimsuchte, zeigt, wie man vor zwei Jahrhunderten über die öffentliche Gesundheitspflege dachte, welche sanitären Vorkehrungen man in den Tagen einer grossen allgemeinen Gefahr zu treffen wusste. Zu wiederholten Malen war Leipzig in den vorangehenden Jahrhunderten der Schauplatz verheerender Seuchen gewesen. Als sich die Pest nach einem Zeitraum von mehr als 40 Jahren, während dessen
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... e fern geblieben war, der Stadt näherte, ersuchte der Rath den damaligen Stadtphysikus und Decan der medicinjschen Facultät, Gottfried Welsche, die alte Pestordnung einer Revision zu unterziehen, welche darauf gedruckt und zur allgemeinen Kenutniss gebracht wurde. Die Einwohnerschaft wurde zu erhöhter Reinlichkeit ermahnt und auf den grossen Werth der frischen Luit für die Gesundheit hingewiesen; es durften nicht zu viele Menschen in einem Zimmer schlafen, noch die Häuser mit Bewohnern überfüllt werden. Das Ausstellen der Leichen zum Zweck der Besichtigung, sowie das bei Leichenbegängnissen übliche Gepränge wurde untersagt; desgleichen verbot man das Betteln und Hausiren, ebenso den Trödelbandel, besonders mit alten Kleidern und Betten. Innerhalb der Stadt durfte fortan Niemand mehr Schweine halten, damit die Luft nicht mit deren Gestank erfüllt werde. Zwei Wasserknechte mussten öfter nachsehen, ob die Brunnen und Röhren klares wohl-Dentsciie Medicinisehe Wochensebrift. 1879. schmeckendes Wasser geben, namentlich sollten sie dabei den von der Pest ergriffenen Häusern ihre Aufmerksamkeit widmen. Vom Juni ai) .wurden an den Thoren und Eingängen der Stadt Wachen aufgestellt, welche keine Personen mit verdächtigen Symptomen hereinlassen durften. Gleichzeitig forderte der Rath die Bürger auf, sich auf ein Jahr mit Getreide, Mehl, Salz und Butter zu versehen; ebenso wurden auch von Seiten der Stadt grössere Vorräthe angekauft. Ausserdem wurde eine auf (lie Pest bezügliche Kleiderordnung erlassen. Am 15. August trat die aus 4 Mitgliedern (les Raths bestehende ständige Sanitäts-Commission zusammen, welche, mit dem nöthigen Beamten-Apparat versehen, von jetzt ab die oberste leitende Behörde für alle Pest-Angelegenheiten wurde; das Central-Büreau derselben war auch bei der aclit geöffnet, damit dringende Meldungen sofort erledigt werden konnten. Diese Sanitäts -Commission beschäftigte sich zunächst damit, geeignete Localitäten für Pestspitäler herauszusuchen; man wählte dazu mit Vorliebe abgelegene, einsam stehende, in den Vorstädten befindliche Häuser, welche entweder angekauft 0(1er gemniethet wtmrden. Darin sollten auch die Geistlichen, Aerzte und das niedere Heilpersonal, welches für die Seuche in Aussicht genommen wurde. Wohnung erhalten. ,.Damit die Herren Geistlichen allhier, heisst es in der Chronik, soviel als zu geschehen möglich, inficirte Personen zu besuchen verschont würden, und gesunde Leute sich daher der Kirchen und des Beichtstuhls zu enthalten und die Kirchendiener zu scheuen nicht Ursach hätten," stellte der Rath zwei Pfarrer an, die sich nur mit Pestkranken befassen sollten. Drei Pest-Notare mussten sich bereit halten für die juridischen Angelegenheiten, z. B. für die Anfertigung dec Testamente der Kranken, und durften mit dem übrigen Publikum nicht verkehren. Ebenso wurden besondere Aerzte für die Pest angestellt; sie erhielten 1 0 Thaler wöchentlich und 2 Fl. ausserdem für einen Famujus. also einw für jene Zeiten 24 Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.
doi:10.1055/s-0029-1194878
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