(Print) Peripherisierung des Zentrums: PPP-Projekte Wiens am Standort 'City' Betül BRETSCHNEIDER
Manfred Schrenk, Vasily Popovich, Josef Benedikt, Betuel Bretschneider
unpublished
Um die post-industrielle Planungskultur in Europa zu verstehen, sollten wir einen kurzen Blick auf den rasanten Wandel der Industrie um die letzte Jahrhundertwende werfen. Der Wandel von der Fertigungsindustrie zur Finanzindustrie, die nicht mehr ortsgebunden ist, änderte die Organisationsform der Stadt und den Charakter der Stadt(bau)planung-auch in Wien. 1 TRANSFORMATION DER POST INDUSTRIELLEN STADT Die Tertiärisierung des sekundären Sektors schreitet beschleunigt voran und die Zahl der
more »
... riearbeitsplätze schrumpft. Die Anteile der Produktionsflächen und vor allem der Lagerflächen der Industrie sinken, dagegen nehmen Büros und büroähnliche Flächen für Forschung, Entwicklung, Verwaltung und Marketing zu. Bekanntlich optimiert die europäische Industrie; sie verlagert, wandert ab, schließt und gliedert sich in KMU's aus. Die-durch das Stadtwachstum inzwischen in der Kernstadt liegenden-Industrieareale mit verhältnismäßig geringerer Bebauungsdichte fallen brach oder unterliegen einer Erneuerungsnotwendigkeit. Im Moment des rückgängigen oder nur noch kurzfristigen Bedarfes an Fertigungsflächen wurde die Industrie auf ihre Betriebsimmobilien aufmerksam. Betriebsgründe, die alle Zonen eines Produktionsablaufs beherbergen, erübrigen sich schon lange. Durch kostengünstige Straßentransporte und Just-in-time Lieferungen können die Lagerflächen fast gänzlich reduziert oder auf preiswerte Standorte verlagert werden. Die Produktteile durchlaufen mehrere Stationen in den Produktionshallen verschiedener Unternehmer, Regionen und Länder bis sie zu einem Fertigprodukt zusammengeführt werden; nicht selten mit Verpflegungs-und Erlebnisgarantie für die Kunden in werbewirksamen Stararchitektenbauten wie der Gläsernen Fabrik Dresden, der VW-Autostadt Wolfsburg oder bei BMW Leipzig. Die klassische Industrie in Standortkrise sorgt wieder einmal durch ihre Bauten für Image und Werbeeffekt. Das Fließbandmodell der fordistisch-tayloristischen Ära läuft in Richtung voll automatisierter Robotertechnik in menschenleeren Produktionshallen oder macht halt im von Hightech-Spezialisten bevölkerten Produktionsgeschoss von Waferfabriken. Die kürzeren Produktionszyklen, die nur mehr ein paar Jahre beziehungsweise ein paar Monate betragen, stellen die klassische Rolle der Industriebetriebe als Bauherren, Investoren, Planer so wie Nutzer ihrer Bauten in Frage: Sie werden zu Developern und Projektabwicklern und nicht selten zu Projektsteuerern. Durch die Verwertung von Betriebsimmobilien und vor allem von Betriebsgründen brachten die Immobilientöchter manchen Industriekonzernen in den letzten Jahren sehr hohe Einnahmen, die sich mit den Einnahmen aus der Produktion leicht messen konnten. 2 PUBLIC PRIVATEPARTNERSHIP-MODELLE NEO-MODERNER STADTPLANUNG Um die Betriebsgelände optimal verwerten zu können, werden neue Bebauungsrechte bzw. Bebauungspläne gebraucht. Die ehemaligen Industrieareale bekommen neue Nutzungswidmungen und neue Bebauungspläne mit mehrfach höherer Bebauungsdichte. Die Bodenflächen werden stückweise an Investoren und Trägergesellschaften verkauft. Die Absicherung der städtischen Versorgung, der Anschluss an das öffentliche Verkehrnetz sowie die Abtretung und Errichtung von Verkehrsflächen und Grünanlagen ist u.a. Voraussetzung für erfolgreiche Veräußerbarkeit der Flächen meist gemischter Baugebiete. Hier kommt die Stadt mit ihren hoheitlichen Rechten ins Spiel. Der bekannte finanzielle und organisatorische Druck auf die Kommunen des post-industriellen Zeitalters, getarnt als EU-weite Städtekonkurrenz, ändert die Methoden der planenden Stadt. Die neuen Aufgaben der Stadt sind nun mehr Stadtmarketing oder Stadtmanagement.
fatcat:ofoboys3lnczrg4fqj4o3iw4fu