Maren Röger, Kriegsbeziehungen. Intimität, Gewalt und Prostitution im besetzten Polen 1939 bis 1945, Frankfurt a. M.: Fischer 2015, 304 S., EUR 24,99 [ISBN 978-3-10-002260-8]

Andreas R. Hofmann
2017 Militärgeschichtliche Zeitschrift  
Aus jeweils verschiedenen Gründen unterlag das Thema dieses Buches in beiden Ländern lange einem Tabu: in Deutschland, weil bestimmte Aspekte davon den Mythos der »sauberen Wehrmacht« infrage stellten; in Polen, weil deutschpolnische intime Kontakte und Liebesbeziehungen während des Krieges an die geschichtspolitisch und erinnerungskulturell heiklen Fragen von nationalem Verrat und Kollaborationsbereitschaft rührten. Es ist daher ein besonderes Verdienst von Maren Rögers sorgfältig
more » ... r und mit der gebotenen Feinfühligkeit verfasster Studie, eine gravierende Forschungslücke zu schließen und einen wichtigen Beitrag zum Gesamtbild der deutschen Besatzung in Polen zu leisten. Der Aufbau des Buches folgt seiner Systematik: Röger widmet jeweils ein längeres Kapitel »kommerziellen«, »konsensualen« und »erzwungenen Kontakten«. Betrachtungsgebiet ist in erster Linie das Generalgouvernement, daneben der Warthegau als Beispiel für die annektierten Gebiete. Auf der deutschen Seite werden Reichsdeutsche und »Volksdeutsche« in den Blick genommen; zu Letzteren zählten Angehörige der deutschen Vorkriegsminderheit Polens sowie die darüber hinaus in die Deutsche Volksliste (DVL) eingetragenen Personen. Die Problematik der DVL als Kriterium für Ethnizität und Nationalität wird angerissen, aber verständlicherweise nicht in ihrer ganzen Komplexität erörtert; hier wäre allenfalls anzumerken, dass die Autorin die »Volksdeutschen« vielleicht ein wenig zu pauschal den »Besatzern« zurechnet, was allerdings weitgehend der polnischen Wahrnehmung in der Kriegs- und Nachkriegszeit entspricht. In der überwiegenden Zahl der Fälle geht es um Beziehungen zwischen deutschen Männern und polnischen sowie jüdischen (meist mit gefälschten »arischen« Papieren ausgestatteten) Frauen. Beziehungen polnischer Männer zu weiblichen Angehörigen der Besatzungsverwaltung, abgesehen von einigen wenigen, schlecht dokumentierten Einzelfällen, sind dagegen kaum überliefert. Da der Forschungsstand zu den polnischen Jüdinnen ein wenig besser ist, konzentriert sich die Autorin auf die Situation außerhalb der Ghettos und Lager. Obwohl vor Kriegsbeginn ein striktes Umgangsverbot mit der polnischen Zivilbevölkerung erlassen worden war, kam es mit Beginn der deutschen Okkupation zu zahlreichen spontanen Kontakten zwischen deutschen Soldaten und Polinnen, die zunächst meist von den militärischen Dienststellen stillschweigend MGZ 76/1 (2017): 328-331 OLDENBOURG MGZ,
doi:10.1515/mgzs-2017-0054 fatcat:j4yfbtdbprfn3aqtyouhnxeeq4