Thumb, A. und Marbe, K.: Experimentelle Untersuchungen über die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildungen

W. Wundt
1901 Indogermanische Forschungen  
Flensburg Studien auf dem Gebiete der idg. Wurzelbildung. 17 ten' (lat. sterno, aksl. strana 'Seite, Gegend' usw.). Vgl. an. str-in-d 'Seite, Land' (oft in Ortsnamen), nnorw. strind 'langer Streifen, Seite', an. str-on-d 'Rand, Strand' = ags. Strand, ndl. Strand, mhd. strant, nhd. Strand und daneben lit. tr-en-is 'Gegend', akk. tr-eü tq dass. Dazu wohl das oft behandelte, vom Verf. S. 80 ff. besprochene air. tlr 'Gebiet, Land' (ster-oder tér-). -Mit den Wortbedeutungen hantiert Verf. hie und da
more » ... etwas unvorsichtig. So nimmt er z. B. an (S. 39 n.), dass in dem Ausdruck hostibus simul suisque monstrati Tac. Germ. 31 die vermeintlich ursprüngliche Bed. von monstrare 'hervorheben, hervorragend machen' noch erhalten sei, und S. 84 heisst es von terrenus und terrestris-. "In einigen Verbindungen, z. B. wo terrenus und terrestris im ausdrücklichen Gegensatz zu caelestis verwendet werden, lässt sich etwa noch ein Anklang an den ursprünglichen jenem s-Stamm [d. h. dem vom Verf. aufgestellten Stamme teres-teros-'finís'] anhaftenden Sinn erkennen ('endlich, mortalis')". -Dass Tpuiiuj in dem Ausdruck oTvóc ce Tpuüei mit ai. turvati 'überwältigt' identisch sei (S. 94 n.), bezweifle ich. Bei der Deutung dieses Ausdrucks sind Redensarten zu beachten wie se percutere flore Liberi = sich betrinken Plaut. Gas. 639, 640, se sauciare flore Liberi dass. Laevius(?) bei Fulg. exp. serm. ant. S. 563, 25 M., saucius 'betrunken' Mart. III, 68, 6, icturn caput Hör. Sat. II, 1, 24. Es wäre noch Manches hinzuzufügen, aber aus Rücksicht auf den Raum breche ich hier ab. Nur möchte ich zum Schlüsse Einiges von dem, was mir in dem Buche richtig oder wenigstens beachtenswert scheint, ganz kurz hervorheben. S. 2 wird öxpaWoc ansprechend mit ai. faralá-zusammengestellt; als unmöglich kann man jedoch nicht die gewöhnliche Erklärung aus der Wz. tuer-bezeichnen. -S. 11 verwirft Verf. mit Recht die Gleichung ai. tlrthd-'Furt' = lit. tíltas 'Brücke'. Die Grundbed. des lit. Wortes ist offenbar 'Gerüst aus Brettern, Bretterboden' (vgl. tiles 'Bodenbrettchen im Kahn', d. Diele usw.). Auch das von Johansson IF. 8, 166 f. mit tiltas verglichene ai. tata-'Abhang-, Ufer' ist m. E. fern zu halten. Es kann mit türá-'Abstieg zum Wasser, Ufer', tira-, tlrthá-zusammengehören. -S. 50 N. hat Verf. gleichzeitig mit Brugtnann Gründl'. 3 1,430 und Johansson IF. 8, 182 ff. den Gedanken aiisgesprochen, dass fjv6ov von fjXOov etymologisch zxi trennen sei. Freilich kann ich diese Annahme nicht als sicher begründet ansehen. -Die S. 92 f. gegebene Erklärung von ¿tT€ipV]c halte ich für wahrscheinlicher als die neuerdings von Wackernagel (Vermischte Beitr. z. griech. Sprachkunde, l'rogr. zur Rektoratsfeier d. Univ. Basel, S. 14 ff.) vorgeschlagene. Nur wäre auch an griech. xtpu-zu erinnern gewesen. -Lesenswert, wenn auch sehr problematisch, sind die Schlussbemerkungen über die funktionelle Verschiedenheit der Typen tere-und téro-, sowie über den Ursprung des Typus trré-. Eine kritische Erörterung verbietet der Raum. Ich sehe mit Interesse der Behandlung der aus ter-abgeleiteten Wurzelformen entgegen. Upsala. Per Persson. Thumb A. und Marbe K. Experimentelle Untersuchungen über die psychologischen Grundlagen der sprachlichen Analogiebildungen. Leipzig Engelmann 1901. Die vorliegende Schrift enthält einige auch für die Psycho-Anzeiger XII 1. 2
doi:10.1515/if-1901-0107 fatcat:5qsr4mfmvfcehfq7qbdimvc4ky