Erster Beratungsgegenstand: Das Staatsoberhaupt in der parlamentarischen Demokratie [chapter]

Das Staatsoberhaupt in der parlamentarischen Demokratie. Verwaltung durch Subventionen  
Es ist eigentlich selbstverständlich, daß am Beginn eines wissenschaftlichen Berichts das Eingeständnis der eigenen Unzulänglichkeit stehen muß. Im vorliegenden Fall aber muß es noch ergänzt werden durch das Bekenntnis eines besonderen Versagens: Es ist mir nicht gelungen herauszufinden, warum die Deutschen sich nicht mit der Bezeichnung Staatshaupt begnügen, sondern unbedingt vom Staatsoberhaupt sprechen müssen. In der älteren Literatur überwiegt der schlichte Ausdruck "Staatshaupt", so wie im
more » ... angelsächsischen Bereich noch heute vom "Head of State" gesprochen wird. Deutet das Wort "Oberhaupt" eine Pluralität von Häuptern an? Oder ist es gar Ausdruck einer typisch deutschen Tendenz, jedem Titel alsbald einen Ober-Titel hinzufügen? Die etymologische Klärung ist mir, wie gesagt, nicht gelungen, aber sie ist sicher nicht wesentlich für die hier zu behandelnden Probleme. Trotzdem muß mit den Begriffen begonnen werden. Und neben dem Begriff der parlamentarischen Demokratie, der im folgenden ebenfalls nodi zu umreißen sein wird, ist es eben der Begriff des Staatsoberhauptes, der in diesem Thema auftaucht und die Grundlage der Erörterung bilden muß. Sieht man von dem Ober-Titel ab, so bleibt jedenfalls die Vorstellung von einem Haupt übrig. Ein Haupt aber hat nur Sinn in Verbindung mit einem Körper. Es liegt daher nahe, die Frage zu untersuchen, ob zwischen dem Begriff des Staatshauptes und der sogenannten organischen Staatslehre eine Verbindung besteht, ob der Begriff des Staatshauptes mit organologischen Assoziationen belastet ist. *) Die eingeklammerten Abschnitte wurden aus Zeitgründen nicht vorgetragen. Das Staatsoberhaupt in der parlamentarischen Demokratie 3 Die organologischen Vorstellungen von Haupt und Körper Der Vergleich zwischen der politisch, ethnisch oder religiös definierten Gemeinschaft und dem menschlichen Körper mit seinen verschiedenen Teilen und Organen ist uralt und reicht bis zu den römischen Sagen 1 ) und der antiken Philosophie zurück 2 ). Die organische Staatslehre ist dagegen erst hundert Jahre alt 3 ). Sie wird einhellig als Produkt deutscher Denkungs-
doi:10.1515/9783110875980.2 fatcat:pj4sddngzvf2pnxfl4ls74qepa