Grammatik und Lexikon im Spracherwerb: Konstruktionsprozesse [chapter]

Heike Behrens, Stefan Engelberg, Anke Holler, Kristel Proost
2011 Sprachliches Wissen zwischen Lexikon und Grammatik  
Grammatik und Lexikon im Spracherwerb: Konstruktionsprozesse1 P u ttin g tog eth er n o vel expressions is som eth in g th at Speakers do, n o t gram m ars. I t is a p ro b lemsolving activity th at dem ands a co nstru ctive e ffo rt and o ccu rs w hen linguistic Convention is p u t to use in sp ecific circum stances. Abstract Der Konstruktionsbegriff hielt seinen Einzug in die Spracherwerbsforschung durch gebrauchsbasierte Lerntheorien, nach denen sprachliche Strukturen als
more » ... ten aus dem Input abgeleitet werden, Sprache somit ein emergentes System ist (Tomasello 1998a und b; Behrens 2009a und b). Die Abstraktionseinheit für das Kind ist dabei die Äußerung in ihrer situativen Gebundenheit und ihrer Diskursfunktion, mithin die Konstruktion. Die Konstruktion wird gefasst als schematische Einheit mit mehr oder weniger offenen Slots: Teile der Konstruktion können lexikalisch fixiert oder aber produktiv und durch andere Ausdrücke ersetzbar sein. Der Kontrast zum Valenzbegriff bzw. dem der Argumentstruktur in seiner formaleren Definition liegt darin, dass die lexikalischen E igenschaften der Wörter die Syntax nicht projizieren, sondern dass sowohl die Eigenschaften der Lemmas als auch die der Morphosyntax aus ihrem Vorkommen in konkreten Sätzen abgeleitet werden. Empirisch konzentriert sich die Forschung auf die Ermittlung der Generalisierungsprozesse und auf deren Basis im Input, dem Sprachangebot. Erwerbs relevant ist insbesondere der Input in seinen usualisierten Mustern in typischen Interaktionssituationen. Eher wird vor allem der Grad der Produktivität kindlicher Äußerungen analysiert. Bislang weniger untersucht, aber zunehmend im Fokus sind die Generalisierungsprozesse selbst und damit die generative Kraft des Konstruktionsbegriffs. Sobald Aspekte einer Konstruktion abstrahiert worden (= produktiv) sind, sollten sie auf neue Situationen übertragen werden können, und gilt es zu ermitteln, welche formalen, funktionalen und distributionellen Faktoren die Abstraktion sprachlichen Wissens fördern. In dem Paradigma der gebrauchsbasierten Konstruktionsgrammatik wird die modulare Trennung zwischen Wörtern und Regeln aufgehoben. Somit kann innerhalb eines einheitlichen theoretischen Rahmens sowohl der Erwerb regelhafter als auch der stärker idiosynkratischer Strukturen erklärt werden. Die Arbeit an diesem Aufsatz wurde unterstützt durch eine Senior Fellowship am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS).
doi:10.1515/9783110262339.375 fatcat:aj5bfgctkvfnhpnqn6bfv3tplq