3. SF: To Boldly Go Where No HuMan Has Gone Before [chapter]

2021 Cyborg werden  
Texte aus dem SF-Genre als Beiträge zur Entwicklung kritischer Gesellschaftstheorie zu lesen -diesen Anspruch formuliert Donna Haraway, wenn sie entsprechende Romane als wichtige Inspirationsquelle für das Cyborg-Manifest benennt und sie gleichberechtigt mit anderen diskursiven Bezügen aus feministischen, postkolonialen und technowissenschaftlichen Diskussionen behandelt wissen will. Was dies aber im Konkreten heißen könnte, bleibt unausgeführt -das folgende Kapitel soll diese Spur aufnehmen
more » ... tatsächlich verfolgen. Ich werde im Folgenden zeigen, dass und warum eine eindeutige Antwort auf die Frage, was SF ist, nicht ohne weiteres zu geben ist. Die Auseinandersetzung mit den zahlreichen Definitionsversuchen ist aber auch dann gewinnbringend, wenn sie nicht darauf zielt, zu einer abschließenden Festlegung zu kommen: Sie gibt Aufschluss über Akteure, Institutionen und Konf likte in diesem speziellen kulturellen Feld und bietet einen komprimierten Überblick über seine historische Entwicklung (3.1.1. bis 3.1.3). Avanciertere Betrachtungen von SF versuchen ihren Gegenstand vorrangig über einen spezifischen Modus des Lesens und Schreibens zu fassen. Die »Poetik des Buchstäblichen« ist demnach entscheidend für den besonderen Reiz, den SF-Romane auf ihre Fans ausüben, und als phantasieanregendes Mittel zugleich entscheidend für die produktive Reibung an der wirklichen Welt (3.1.4). Vor diesem Hintergrund lässt sich schließlich über das gesellschaftskritische Potential von SF sprechen (3.1.5). Die zweite Hälfte dieses Kapitels spezifiziert dieses gesellschaftskritische Potential entlang der Frage nach den besonderen Herausforderungen und der besonderen Produktivität von (Queer-) Feminismen in der SF. Dabei wird zugleich das Geschichtsbild aus Teil 3.1 um die Dimension der geschlechtsbezogenen Deutungskämpfe und Machtverhältnisse erweitert. Vermittels eines Exkurses zu zwei Romanen stelle ich da, wie das Resonanzverhältnis von feministischer Theorie und SF-Feminismen ausgestaltet sein kann. Feministische Kritik bleibt niemals unwidersprochen -durch die Brille der Entwicklung der SF-Feminismen betrachtet, lässt sich das SF-Subgenre des Cyberpunk als Abwehrreaktion gegen die feministische Raumnahme dechiffrieren (3.2.5) -eine Reaktion allerdings, die die Weiterentwicklung der SF-Feminismen nicht beeinträchtigen konnte, wie der abschließende Abschnitt zu »Cyberpunk versus Cyborg Writing« darlegt (3.1.6).
doi:10.1515/9783839458556-004 fatcat:6gu2o4masfbopfqnq72akla5o4