Ein Fall von metastatischem Magencarcinom
Gustav Joseph
1907
Deutsche Medizinische Wochenschrift
in Berlin. In_ seiner Inauguraldissertation (Berlin 1890) hat de Castro eine Zusammenstellung der bis dahin bekannten Fälle von metastatischen Magencarcinomen gegeben und drei selbst beobachtete Fälle hinzugefügt. Er zählte im ganzen 25 Fälle auf; nur in 7 Fällen lag das primäre Carcinom in entfernteren Organen, und zwar 3mal in der weiblichen Mamma, 2mal im Gesicht und in der Zunge, 1 mal im Hoden und 1 mal am Unterschenkel; im übrigen waren es primäre Oesophagascarcinome; auch die von ihm
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... st beobachteten Fälle waren solche. Ob zweifellos eine Metastase in der Magenwand vorliegt, ist nicht immer mit der nötigen Sicherheit zu entscheiden, In der kritischen Besprechung der eigenen exakt beobachteten Fälle gibt sogar Castro zu, daß zwei unter seinen drei Fällen nicht eindeutig sind, insofern als es nicht unmöglich erschien, daß krebsig entartete, epigastrische Drüsenpakete sekundär in die Magenwand hineingewachsen waren und so Metastasen der Wandung selbst vortäuschen konnten, was sehr häufig bei diesen Oesophaguscarcinomen und besonders im Falle des Sitzes an der Cardia beobachtet wird. Die Schwierigkeit in der Beurteilung vergrößert sieh noch, weil hier oft kontinuierliche Entwicklung und nicht Metastase im eigentlichen Wortsinne vorliegt. Wenn man also kritisch vorgeht, müßten die Fälle mit primärem Oesophaguscarcinom ausgeschaltet werden, weil sie zweifelhafter Natur sind; dann reduziert sich die Zahl der bisher beobachteten Fälle auf nur 7. Daher erscheint die folgende kasuistische Mitteilung gerechtfertigt. Der betreffende Fall dürfte wohl recht selten sein, denn es handelte sich um mctastatischen Krebs des Magens, welcher von einem Primärcarcinom der Mamma eines 48jährigen Mannes ausging. Dem am 26. März 1906 durch Herrn Privatdozenten Dr. 0e streich sezierten Manne war sechs Monate vorher wegen Mammacarcinoms die rechte Mamma exstirpiert und die rechte Achselhöhle ausgeräumt worden. Von Metastasen war zurzeit der Operation nichts nachweisbar. Unter schneller Abmagerung und Kachexie starb Patient. Die Autopsie hatte folgendes Ergebnis: August Schulz, Arbeiter, 48 Jahre alt, rechte Mamma fehlt; daselbst grol3e Narbe mit vielen Krebsknoten der Nachbarschaft. Rippenmuskalatur mit Krebsknoten durchsetzt. Mediastinum anticum und Lymphdrüsen krebsig. In dem Herzbeutel und beiden Pleurahöhlen viel wässerig-blutige Flüssigkeit; auf der Pleura zahlreiche Krebsknoten; auch die Lunge mit Krebsknoten durchsetzt (Lymphangitis carcinomatosa). Sternum zeigt auf dem Durchschnitt krebsige Infiltration des Innern. Tonsillen, cervicale Lymphdrilsen krebsig. Herzfleisch fettig degeneriert, Klappen intakt, Muz sehr groß, hart, mit vielen Krebsknoten. L eh er enthält zahlreiche Krebsknoten, linke Nebenniere krebsig, Harnblase etwas trabekulär. Der Magen Ist von gewöhnlicher Grolle und Form. Beim Betasten von außen sind nhe dem Pylorus zwei kleine, harte Stellen bemerkbar. Wanddicke unverändert, im allgemeinen 2 mm dick, Inhalt zum Teil flüssig-breiig, zum Teil gasig. Schleimhaut des Fundus ein wenig erweicht, die Schleimhaut enthält an den Stellen, welche sich hart anfühlen, zwei flache, rundliche, etwas prominente Knoten, welche eine Breite von 3-4 mm im Durchmesser haben. Die Prominenz ist eine flache, nicht fungöse; auf dem Durchschnitt ist als Ursache dei' Prominenz eine markige Masse von etwa 2 mm Dicke sichtbar; sie nimmt die Schleimhaut ein und ragt in die Submucosa hinein. Die tieferen Schichten sind makroskopisch intakt. Mikroskopische Untersuchung des Magenknotens ergibt, daß die Haupt-460 DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHEIFT. No. 12 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-0029-1202964
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