Der Fall Weber-Andernach und seine Anwendung auf die Frage der Irrenrechts-Reform

1895 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Der berühmte britische Irrenarzt Bucknill sagt in der Einleitung zu seiner sehr lesenswerthen Darstellung der englischen Irrenrechts-Reform, "es gebe keinen, besonders in amtlichen Kreisen verbreiteteren und dabei verhängnissvolleren Fehler, als den bequemen Glauben, es sei alles richtig und gut, was wir thun, weil wir es immer so gethan und weil es dom bestehenden Gesetze nicht widerstreite", -"the fallacy of authority" nach Bentham's elassischem Ausdruck. Diese trügerische Macht der
more » ... en Gewohnheit im Bunde mit der "vis inertiae", welche im neuen Reiche durch das geflügelte Kanzierwort "quieta non movere" zur Staatsweisheit erhoben wurde, erklärt die Langsamkeit so mancher, längst mit sachlicher Begründung geforderten und anderswo längst zum Segen der Gesellschaft ausgeführten Reformen. IJnter solchen ist infolge bekannter Anlässe augenblicklich diejenige des Irrenwesens in den Vordergrund getreten. Sie gehört schon nicht mehr zu den "quieta", -vielmehr häufen und verschärfen sich mit jedem Jahr die Klagen über missbräuchliche Entziehung oder -was nicht minder schwerwiegt -über ungebührlich verlängerte Vorenthaltung der persönlichen Freiheit, über unge-DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 749
doi:10.1055/s-0029-1200017 fatcat:uj3gzmdm65hlnkgsfckyf6lhlu