Seelsorger im Abseits der Massenkommunikation
Jacob Stappers
1973
Communicatio Socialis
Seit ein paar Jahren sind nicht mehr nur die gewöhnlichen Sterblichen Gegenstand ernsthafter sozial-wissenschaftlicher Forschung. Auch die Diener des Wortes, ihre Aktivitäten sowie Struktur und Funktion ihrer Organisationen werden empirisch untersucht. Von daher gesehen ist es nicht verwunderlich, daß einzelne katholische Organisationen, die im Bereich der Massenkommunikation arbeiten oder damit zu tun haben, eine Untersuchung über das Verhalten des katholischen Pfarrers, im weiteren Sinne: des
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... praktischen Seelsorgers, zu verschiedenen Erscheinungsformen der Massenkommunikation unternommen haben. Eine der Hauptfragen, die zu Kommunikation und Massenkommunikation gestellt werden, zielt ab auf Gelingen und Versagen oder, wenn man so will, auf den Erfolg von Kommunikation und Massenkommunikation; für die Massenkommunikation suchte und "fand" man eine Antwort darauf unter dem Aspekt der Beeinflussungsmöglichkeit der Massenmedien, populärer ausgedrückt der "Macht der Medien". Bis vor kurzem war es selbstverständlich, die "Macht" so zu verteilen, daß die Sender-Medium-Seite gegenüber der Empfänger-Seite eindeutig die Oberhand hatte. In dieser traditionellen Sicht auf den Einfluß der Massenkommunikation wurde der Rezipient allenfalls als Durchgangsstation der Wirkung oder als ein Knotenpunkt intervenierender, die Wirkung eingrenzender Variablen verstanden. Diese und verwandte Sichtweisen auf die Wirkmöglichkeit der Massenkommunikation, zusammengefaßt unter dem Etikett "hypodermic-needle-theory" 2 (Injektionsnadel-Theorie) oder auch "transmissionbelt-theory" 3 (Transmissionsriemen-Theorie), werden durch die sozial-wissenschaftliche Forschung nicht gestützt. 4 Es waren Untersuchungen aus dem Beginn der vierziger Jahre, die einen ersten Ansatz dazu gaben, über die Selbstverständlichkeit des Einflusses der Massenkommunikation Überlegungen anzustellen. Derartige sozialwissenschaftliche Untersuchungen erschütterten die Vorstellung von den allmächtigen Medien, "entdeckten" hingegen das Faktum der Beeinflussung durch "andere" (personal influence). Auf dieser Grundlage formulierten Katz und Lazarsfeld 5 ihre berühmte "two-stepflow-of-communication "-Hypothese (Zwei-Stufen-Weg der Kommunikation): der Einfluß der Massenmedien ist nicht direkt, sondern verläuft in zwei Schritten, erst zu den "opinion leaders" (Meinungsführern), und über sie werden dann die anderen Menschen, die "Nach-Folger", beeinflußt. Katz und Lazarsfeld bewirkten mit dieser Hypothese einen definitiven Bruch mit der Theorie von den allmächtigen Medien. Tatsächlich stellt die Hypothese nur fest, daß die innere Struktur des Beeinflussungsprozesses aus mehr als einem Schritt besteht und komplizierter strukturiert ist, als man zunächst dachte. Wird die Hypothese im strengen Sinn verstanden, dann wird der vom Sender-Medien-Komplex als solchem ausgehende Einfluß nicht bezweifelt. 6 Soviel zur begrifflichen Vorklärung.
doi:10.5771/0010-3497-1973-2-102
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