Das Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen und die Wehrmachtbürokratie. Unterlagen zur Registrierung der sowjetischen Kriegsgefangenen 1941-1945 in deutschen und russischen Institutionen

Reinhard Otto, Rolf Keller
1998 Militärgeschichtliche Zeitschrift  
Das Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen und die Wehrmachtbürokratie. Unterlagen zur Registrierung der sowjetischen Kriegsgefangenen 1941-1945 in deutschen und russischen Institutionen Einführung Die Erforschung des Schicksals der sowjetischen Kriegsgefangenen in deutscher Hand während des Zweiten Weltkrieges hatte bis in die jüngste Vergangenheit unter dem Fehlen geschlossener Aktenüberlieferungen zu leiden. Konnte in der KZ-Forschung eine vergleichbare Schwierigkeit noch durch die
more » ... rsatzüberlieferung von Häftlingserinnerungen ausgeglichen werden, so fiel wegen der Tabuisierung der Kriegsgefangenenthematik in der Sowjetunion selbst diese Quellengattung fast völlig aus 1 . Erst in letzter Zeit, nach mehr als fünfzig Jahren, bemüht man sich verstärkt um solche Berichte. Weder auf deutscher noch auf sowjetischer Seite bestand zudem nach dem Krieg ein ernsthaftes Interesse an der Aufarbeitung und Dokumentation der Geschichte der Gefangenen 2 . Dies trifft auch auf die juristische Bewältigung zu. Ermittlungsverfahren oder Prozesse gegen Wehrmachtangehörige fanden nach dem Nürnberger OKW-Prozeß von 1947 so gut wie nicht mehr statt. Erst die 1978 erschienene grundlegende Studie von Christian Streit ließ das Thema zu einem festen Bestandteil der NS-Forschung werden 3 . Streit mußte sich freilich seinerzeit aufgrund der Quellenlage im wesentlichen auf die Darstellung aus der Perspektive der Führungsebene beschränken; die Situation in den Kriegsgefangenenlagern und Arbeitskommandos konnte er dagegen lediglich anhand fragmentarisch überlieferter Unterlagen an wenigen Beispielen darstellen, die zumeist die besetzten Ostgebiete, nicht aber das Deutsche Reich betrafen. Die Veröffentlichung von Streit regte jedoch eine g^nze Reihe von regionalgeschichtlichen Untersuchungen zur Situation der gefangenen Rotarmisten in den großen Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlagern (Stalags) und den unzähligen Arbeitskommandos an 4 . Ihre Autoren förderten viele bislang unbekannte De-1 Eine Ausnahme bilden die Berichte über den Widerstandskampf der Gefangenen in den Lagern »hinter dem Rücken des Feindes«. Vgl. dazu E. Brodski, Im Kampf gegen den Faschismus.
doi:10.1524/mgzs.1998.57.1.149 fatcat:bhrmooxvfraadd6bgvw4jkekpu