Das Interaktionssystem des Kabaretts - Versuch einer Soziologie des Kabaretts

Kerstin Pschibl
2001
Kabarett ist ein sehr populäres Kleinkunst-Genre, das jedoch bisher kaum sozialwissenschaftlich erforscht wurde. Die Arbeit versteht sich deshalb als erster Versuch einer Soziologie des Kabaretts mittels der Beschreibung des 'idealtypischen' Interaktionssystems einer Kabarettaufführung unter Zuhilfenahme der Interaktionstheorien von Alfred Schütz und Erving Goffman. Eingegangen wird dabei insbesondere auf die Beschreibung des diskursiven Prozesses zwischen Kabarettist und Publikum; auf die
more » ... nzung des Genres gegenüber anderen Interaktionssystemen (v.a. dem Theater); auf die historische Struktur des Kabarettpublikums unter der Prämisse, daß der Kabarettist als 'Gleichgesinnter unter Gleichgesinnten' auftritt; auf die kabarett-spezifischen Werkzeuge des Kabarettisten, mit Hilfe derer er im Wechselspiel mit den Zuschauern eine nicht-wiederholbare Kabarettaufführung gestaltet, auf das Schlüsselelement 'Kritik' sowie auf die Frage nach den potentiellen Wirkungsmöglichkeiten einer Kabarettaufführung, die sich in einer 'karnevalisierten Ausnahmesituation' der kurzfristigen Verkehrung der gesellschaftlichen Autoritätsverhältnisse abspielt. Wesentliche Faktoren im Zusammenhang mit der Formulierung der Hypothesen sind dabei: Die besondere Rolle des 'Zeitfaktors' im Kabarett-Rahmen, die sich auf die Themenauswahl sowie die spezifische Themenbearbeitung in einem Kabarettprogramm bezieht und damit verbunden die 'Einmaligkeit' einer Kabarettaufführung, die in einem diskursiven Prozeß nur 'einmal geboren' wird und in der das (vorangedachte) Publikum eine so entscheidende Bedeutung für den Kabarettisten hat, daß man davon ausgehen kann, daß es bereits an der Entstehung des Werkes beteiligt ist. Die kabarett-spezifischen Inhalte des Kabarett-Interaktionssystems, in dem nur bestimmte Themen auf bestimmte Art und Weise angesprochen werden können. Der Kabarettist ist in einem Kabarettprogramm nicht 'belehrend', sondern er präsentiert mit Hilfe von (Rahmen)Brüchen eine paradoxe Ver
doi:10.5283/epub.9858 fatcat:v35pzuv2qrhkpaa5c2gedqjrkq