Hofkunst in der Provinz?

Gisela Hellenkemper Salies
2019
der Zeit des gallischen Sonderreichs Der gallische Usurpator Postumus machte nach seiner Erhebung im Jahr 260 n. Chr. die Colonia Claudia Ara Agrippinensium zur Hauptstadt der von ihm beherrschten Reichsteile. Drei Jahre zuvor hatte Gallienus dort sein Hauptquartier für den Krieg gegen die Germanen aufgeschlagen und eine Münzstätte eingerichtet1. Der Rang als Kaiserresidenz blieb Köln bis zum Jahr 272. Zu diesem Zeitpunkt hielt Tetricus es für ratsam, seinen Sitz nach Trier zu verlegen2. 1 Zu
more » ... n Ereignissen der Jahre 256/57-260 im einzelnen vgl. KÖNIG, Usurpatoren 37 ff.; dort auch die äl tere Lit. zum gallischen Sonderreich. -Zur Chronologie vgl. auch J. LAFAURIE, L'Empire Gaulois. Apport de la numismatique, in: ANRW II 2 (1975) 853 ff.; zusammenfassende Tabelle S. 1000. 2 KÖNIG, Usurpatoren 170; 172; 174. -Zur Errichtung einer Münzstätte in Trier im J. 272 bzw. 273 vgl. KÖNIG, Usurpatoren 167 und R. ZlEGLER, Der Schatzfund von Brauweiler. Bonner Jahrb. Beih. 42 (1983) 52 ff.; 92. 3 H. SCHMITZ, Colonia Agrippinensium als Residenz der gallischen Sonderkaiser. Jahrb. Köln. Geschver. 28, 1953, 16 ff., bes. 36 ff. -ÜERS., Colonia Claudia Ara Agrippinensium (1956) 201 ff., bes. 217 ff. 4 O. DOPPELFELD, Von Postumus zu Konstantin. Über die Kunst und die Stellung Kölns im 3. Jahrb. Wallraf-Richartz-Jahrb. 18, 1956, 7 ff. Die Auswirkungen dieser knapp anderthalb Jahrzehnte auf Bedeutung und Erschei nungsbild der Stadt waren mehrfach Gegenstand der Lokalforschung. H. Schmitz sah die Ara Agrippinensium in jener Zeit als machtlose Residenz von Postumus' Gnaden, unfähig den rechtmäßigen Caesar zu schützen, geplagt von wirtschaftlichen Nöten, die durch die Requisitionen des Heeres noch verschlimmert wurden. War auch die Stadt selbst durch ihre Mauern geschützt, so lag ihr Hinterland doch schutzlos den Raubzügen der Franken offen. Die Vorteile, die sich dem Einzelnen als Bürger einer kaiserlichen Residenzstadt boten, schätzte Schmitz gering ein3. Eine Entgegnung O. Doppelfelds zeigte die Stadt in einem ganz anderen Licht4. An gesichts der qualitätvollen Münzprägung des Postumus schien Doppelfeld ein kultu reller und wirtschaftlicher Niedergang Kölns in dieser Zeit ausgeschlossen. Zwar Die These Doppelfelds, daß die Einrichtung von Gegensenat und Praetorianergarde die Absicht zeige, Köln auf Dauer zur Roma altera zu erheben, wurde von H. Volk mann zurückgewiesen, für die Regierungszeit des Postumus billigte er der Stadt diese Stellung jedoch zu11. Die neuen Impulse in Architektur und Kunst, die Doppelfeld nachzuweisen versuchte, schienen ihm gut zum politischen Programm des Postumus zu passen. Dagegen beurteilte er die Analyse von H. Schmitz als zu stark durch die Perspektive des 'kleinen Mannes* bestimmt12. Für die Entwicklung Kölns zu einer Metropole der Kunst und Kultur in der Mitte des 3. Jahrhunderts sprach sich auch J. Bracker aus . Die Epoche 'glanzvoller Hofhal tung* setzt nach Bracker bereits unter Gallienus ein . Neben der Anwesenheit von Münzmeistern, Malern und Mosaizisten am Hofe des Gallienus in Köln postuliert Bracker auch eine Philosophenschule. Als Begründung führt er das Mittelbild des Kölner Philosophenmosaiks an, das er als Porträt Plotins deutet, und einen in Köln gefundenen Reliefkopf, in dem er einen Neuplatoniker erkennt . Mit Hilfe von Stil analysen sucht er Gemeinsamkeiten zwischen den datierten Münzporträts und einer Reihe von Kölner Denkmälern . Es entsteht der Eindruck reger künstlerischer Tätig keit unter Gallienus und den Sonderkaisern. 13 14 15 16 Die Ausgrabungen von 1969-1971 an Westund Südseite des Kölner Domes erbrach
doi:10.11588/bjb.1984.0.67228 fatcat:5ljxhprsnndatgvtyppbpdj6bm