Berichte des Geheimen Medizinalrats Professor Dr. R. Koch über die Ergebnisse seiner Forschungen in Deutsch-Ostafrika
Robert Koch, Robert Koch-Institut, Robert Koch-Institut, J. Schwalbe
2018
I. Die Malaria in Deutsch-Ostafrika. Wenn Deutsch-Ostafrika in gesundheitlicher Beziehung sich keineswegs besonders guten Rufes erfreut, so verdankt es das ausschließlich der Malaria. Alle anderen Krankheiten treten dieser gegenüber völlig in den Hintergrund, man kann geradezu behaupten, daß Deutsch-Ostafrika, wenn die Malaria nicht wäre, ein recht gesundes Land sein würde. Gerade diejenigen Krankheiten, welche in Europa eine so hervorragende Rolle spielen und die Mortalitätsziffer beherrschen,
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... sind hier ganz unbekannt oder kommen nur selten vor. So fehlt hier der Abdominaltyphus vollkommen, Diphtheritis scheint noch nie beobachtet zu sein, Tuberkulose kommt nur vereinzelt vor, und auch dann ist sie fast immer von Europa oder aus Ägypten mitgebracht. Selbst die Dysenterie, diese gefürchtete Tropenkrankheit, scheint hier, wenigstens im Küstengebiet, so selten, vielleicht auch nur örtlich begrenzt zu sein, daß ich im Laufe von dreiviertel Jahren nicht einen einzigen Fall zu Gesicht bekommen habe, während sie doch sonst in tropischen Ländern in jedem Hospital anzutreffen ist. Wie häufig dagegen die Malaria hier ist, das läßt sich daraus ersehen, daß im Krankenhause zu Daressalam im Laufe der Jahre 1891 bis 1896 auf 899 Kranke 485 Malariakranke, das ist 54 Proz., kommen. Die bisherigen Anschauungen über die hiesige Malaria gingen im wesentlichen dahin,"daß hier ausschließlich die tropische Form der Malaria vorkommt, und zwar die sogenannte Quotidiana, d. h. eine Malaria, welche mit täglich wiederkehrenden Fieberanfällen verläuft. Ohne geeignete Behandlung führt diese Malaria schnell zu Blutarmut und langwierigem Siechtum. Wer erst einmal an Malaria erkrankt ist, neigt zu Rückfällen und wird auch, sofern er definitiv geheilt war, besonders leicht von neuem befallen. Ziemlich häufig kommt es hier vor, daß die Malaria in einer sehr gefährlichen und oft tödlichen Form verläuft, welche gewissermaßen den Gipfelpunkt der Infektion bildet.* Dies ist das sogenannte Schwarzwasserfieber, welches in Deutsch-Ostafrika als perniziöses Fieber bezeichnet wird. Die durch Malaria bedingten Todesfälle kommen fast sämtlich auf Rechnung des sogenannten perniziösen Fiebers, d. h. des Schwarzwasserfiebers. Meine Untersuchungen haben Ergebnisse geliefert, welche in mehrfacher Beziehung von diesen Anschauungen abweichen. Selbstverständlich können diese Resultate vorläufig nur für Deutsch-Ostafrika in Betracht kommen, aber ich habe die begründete Vermutung, daß es sich in anderen tropischen Ländern mehr oder weniger ebenso verhalten wird. ,
doi:10.25646/5120
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