Die Entwicklung der ärztlichen Standesgerichtsbarkeit unter besonderer Berücksichtigung der Wiener Verhältnisse

Michael MEMMER
2016 Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs  
Die Entwicklung der ärztlichen Standesgerichtsbarkeit 481 ten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine effektive politische Vertretung fehlte, 2 zum anderen ging "jeder Arzt seinen eigenen Weg, Gemeinsinn und Standesinteresse wurden ihm immer mehr unbekannt". 3 Wandel in der Medizin Die Medizin wandelte sich in dieser Zeit zur Naturwissenschaft. 4 Durch die Entstehung zahlreicher Spezialfächer kam es zu einer Zersplitterung der ärztlichen Praxis; der einfache Hausarzt war oftmals genötigt, seine
more » ... en an Spezialisten zu überweisen. Das Selbstvertrauen der Ärzte schwand, sodass "bei jedem ernsteren Fall der Professor kommen musste, um die Diagnose zu machen". 5 Dies führte aber dazu, "dass er [= der Hausarzt] schließlich gar nicht mehr gefragt wurde". 6 Mit dem "Eingeständnis ihrer Schwäche" wagten Ärzte "es nicht mehr, bei zahlungsunwilligen Patienten auf ihrem Rechte zu bestehen und ließen lieber ihr Honorar fahren, ehe sie sich unliebsamen Erörterungen über ihr Wissen und Können aussetzten". 7 Das Fazit war eine schlechte Zahlungsmoral der Bevölkerung, denn "das Publikum hatte sehr bald die Situation begriffen, zahlte den Arzt sehr schlecht oder gar nicht, ja es bildete sich sehr bald die Meinung heraus, man sei dem Arzte etwas zu zahlen überhaupt nicht schuldig". 8
doi:10.1553/brgoe2016-2s480 fatcat:lckqqlxqizdg3ije6oh2mlmqkq