Psychoonkologie – Stellenwert im Behandlungskonzept onkologischer Patientinnen

Marianne Springer-Kremser
1993 Gynäkologisch-Geburtshilfliche Rundschau  
Dieses Thema wirft zwei Fragen auf: Spielen psychologische Faktoren eine Rolle bei der Ätiologie von Karzinomerkrankungen und gibt es einen nachgewiesenen Effekt der psychosozialen Inter-ventionen auf die Überlebenszeit von bereits erkrankten Patientinnen? ad 1. Aus zahlreichen methodologisch gut abgesicherten Un-tersuchungen, darunter auch prospektive Studien und einer eigenen Untersuchung ergibt sich, daß folgende Faktoren eine Rolle spielen: der Verlust einer geliebten Person oder der
more » ... der Zuwendung wichtiger Personen, in der persönlichen Geschichte (also ein Ereig-nis, das in der Regel schon in der Kindheit stattfand und zu den sogenannten Katastrophen der Kindheit gezählt wird, die zwei wei-teren sind körperliche Verstümmelungen und ein strenges drohendes Über-Ich) gefolgt von Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und Hilf-losigkeit oder einer depressiven Symptomatik, hinter welcher diese Gefühle maskiert sind, bei Personen mit einer bestimmten von der durchschnittlich neurotischen Struktur abweichenden Struktur. Der Ausbruch der Krankheit erfolgt häufig in zeitlichem Zusammenhang mit einem aktuellen Verlust. Einen besonderen Stellenwert nimmt hier die Unmöglichkeit oder auch Unfähigkeit zu trauern ein: Trauer verstanden als die normale Reaktion auf einen Verlust (Hürny, C. 1990). ad 2. Psychosoziale Interventionen verlängern die Überlebenszeit von Patientinnen mit Metastasen nach Mamma-Car-cinom signifikant (D. Spiegel et al., 1989) . Aus dem nachgewiesenen positiven Effekt der psychosozialen Interventionen auf die Überlebenszeit von Patientinnen mit Metastasen nach Mamma-karzinom leitet sich die Forderung nach konsistenten in die organmedizinische Betreuung gut integrierten Nachsorgepro-grammen ab. Die Inhalte der Nachsorgeprogramme 1. Die Art der Erkrankung, insbesondere das Nichtwissen oder das Wissen von der Erkrankung. Die Tatsache, daß eine klare, sachliche Information der Patientin über die Art ihrer Erkrankung wesentlich zu einer weiteren Kooperation und schließlich auch zu einem seelischen Wohlbefinden in der Konsequenz beitragen kann, ist weit über die spekulative Phase hinaus. Die Diskussion heute dreht sich nicht mehr um ob überhaupt aufklären, sondern urn das wie oder auch um die Überlegungen des "richtigen Zeitpunktes". Eng verknüpft mit dieser Information über die Erkrankung, welche schließlich laufend Thema des Kontaktes zwischen Arzt und Patient sein muß, ist
doi:10.1159/000272221 pmid:8298317 fatcat:fbwaaw3awvdm3luosqsuvkfheq