Zum historischen Ergebnis der Sendschirli-Texte
Carl Niebuhr
1898
Orientalistische Literaturzeitung
Die Hauptfrage, welche Η an uns stellt, ist die nach ihrer annähernden Entstehungszeit "Schon Sachau hat darauf hingewiesen, dass der Stifter dieser Inschrift, P., S. d. Karrül, auf dem Denkmal des Rakubel, S. d. Panammu, erwähnt wird. Dieser Umstand, sowie die älteren Buchstabenformen berechtigen, die Abfassung der Hadadstatue in den Anfang des 9. Jahrhunderts zu setzen." So Müller a. a. 0. S. 54, während Sachau (Sendsch. I, 64) die Zeichen τ, ρ und 1 als denen der Mesa-Inschrift gleichförmig
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... rmittelt und dann fortfahrt: "In einem wie langen Zeitraum sich dieser Wechsel der Buchstaben-Zeichen vollzogen haben mag, ob in 50 oder in 100 Jahren, wüsste ich nicht zu bemessen. Nach meiner Ansicht ist die Schrift des Panammu von Ja'di jünger als die von Mescha, während sie zweifellos älter ist als die des Panammu von Sam'al." Η könne also zwischen 850 und 750 geschrieben sein. Man sieht, dass die Berührungen im Ductus zwischen der Mesastele und Η doch nur geringfügig sind. Nehmen wir die phönizischen Küstenstädte als die mutmasslichen Ausgangspunkte neuer Schreibmethoden an, so läge Jaudi sicher günstiger als Moab, so dass also Η auch schon älter sein könnte, als der um 850 verfasste Mesastein trotz seiner archaischen Zeichen. Viel wichtiger ist. dass Η nichts von Assyrien sagt und auch sonst das Vorherrschen einerfremdenMachtnirgends anzudeuten scheint. Dadurch kommen zwei Perioden in Frage, nämlich entweder die Zeit des Einschrumpfens der assyrischen Gewalt awischen 783 und 745, oder aber der Anfang des 9. Jahrhunderts, an den schon Müller denkt, jedenfalls der Abschnitt vor dem Beginn der Herrschaft Salm. Π. Etwas grösser ist die letztgenannte Wahrscheinlichkeit vornehmlich deshalb, weil nach 800 auf diesen Gegenden der Druck von Urartu her statt des assyrischen zu lasten beginnt und weil ausserdem für Panammu I. vor der Hand chronologisch kein rechter Platz bliebe. Zur Zeit, als Η geschrieben wurde, hat Samal mit Jaudi noch nichts zu thun. Wenn also, was ja viel für sich behält, Hani der Sam'läer, welchen Salm. Π 859 schlägt, mit dem Hajanu mar Gabbai sa sepa sadi Hamani identisch war, so ist damals der Samaläer noch einer der "Könige von Kebar", welche von Ρ 10 und 12 doch wohl als Nachbarn behandelt sind. Allerdings wäre es voreilig, gleich auf diese unsichere Beobachtung zu fussen; dass "OD als ein Kollektiv fur das ganze Nordsyrien galt, wenigstens im Lande selbst, ist ebenfalls sehr gut möglich 1 ). Aber eine politische Verbindung zwischen Samal und Jaudi mit dessen Dependenzen bleibt um 860 unwahrscheinlich, steht hingegen für die Zeit um 740 wiederum fest. Η 10 müsste andernfalls schon Samal erwähnen, was mit einiger Sicherheit zu verneinen ist. Es wird mithin das Beste sein, Panammu I. vor 860 anzusetzen. Ρ 5 nennt jedoch Panammu, Sohn des Karal, was Winckler veranlasste, ihn höchstens als älteren Zeitgenossen von Ρ aufzufassen. Die Stelle zeigt: . . b . . . . m hn' p-iND am b"ip . . 3 . inj. Sie scheint mir unschwer an den mangelhaften Stellen ergänzbar, indem man "DJö ρ"?Π mn^m einsetzt, also "Krieg über das Land Jaudi und Halbabah, das Erbe Panammus, Sohnes des Karal" versteht. Wenn nicht raumtechnische Bedenken dieser Lesung entgegentreten, wird sie ihre Vorzüge haben. Die Dynastie von Jaudi sieht in P. I. noch immer ihren Stifter, sein Stammland auch als das ihrige an; und wenn die Götter, wie hier geschieht, das Reich bestrafen, so ist das Unheil gewissermassen voll, sobald auch Halbabah sein Teil empfangt. Von einer Bezugnahme auf P. L als einen noch Lebenden könnte dann, und überhaupt keine Rede sein. ') Obwohl es zu den Vorbedingungen wissenschaftlicher Anerkennung zu gehören scheint, dass die Leser nicht mit zu vielen Gedanken auf einmal behelligt werden, so erachte ich doch das Auftreten des Namens ms für wichtig genug, um dieses ochlokratische Prinzip seinethalben in etwas zu verletzen. Kebar kann mögl. Weise ein alter Gesamtname Anatolians sein, wenigstens der südl. Hälfte, denn er berührt sich zunächst mit dem Kypros der Griechen (wozu der Beschef-Dienst; s. Sachau a. a. O. S. 83), dessen Name aber mit dem des festländischen KabaÜa und dem seiner Hauptstadt Kibyra identisch sein muss. Die Münzen; welche "Kuplli" als Aufschrift tragen, stammen ziemlich sicher von Kabalia: es dürfte auch das einheimische Wort sein, von dem das latein. cuprum richtig deriviert wurde, welches dann als aes cyprium zur Erklärung-kam. Die Könige von Kebar (nach dem Basaltfragment aus Sendschirli ihrer 30) nennt Bar-Rekab nicht deshalb >n« (B 14; gemeint sind die von Kebar sicherlich), weü sie seine Vasallen sind (Winckler Μ . V. A. G. 1896, 25) , sondern weil er sie freundschaftlich, zu reichen Geschenken animiert hatte, wie es Sitte war. S. Amarna B. 9, 16 f.: ikalla iSSa ukäl ibbuS huräsu mala uhuziäa u Ijiäfljtiäa subila. Die Könige von Kebar könnten sich also dem Baume nach bedeutend weiter verteilen, als man bisher angenommen hat. Wenn die Bezeichnung aber später auf ein ziemlich fernes Gebiet im Westen (Kabalia) eingeschränkt erschiene, wäre es nach den zahlreichen Völkerschüben von Norden und Osten nicht mehr befremdlich.
doi:10.1524/olzg.1898.1.16.192
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