Altgermanische Bestandteile im Rumänischen
C. DlCULESCU
1921
Zeitschrift für Romanische Philologie
Die Frage, ob die rumänische Sprache altgennanische Bestandteile aufweist, steht mit jener nach den Wohnsitzen der Rumänen im frühen Mittelalter im engsten Zusammenhang. Diese hat aber bis jetzt noch keine befriedigende Lösung gefunden. Von den zwei entgegengesetzten Ansichten hierüber geht nämlich die eine dahin, dafs die heutigen (Nord-)Rumänen als Nachkommen der römischen Ansiedler und der romanisierten Daker in Oltenien, im Banat und in Siebenbürgen -das heifst in den Gebieten, die seit der
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... Eroberung durch Trajan zu Beginn des 2. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung bis nach der Mitte des 3. Jahrhunderts die römische Provinz Dazien ausmachten -auch nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft in der Hauptsache lebten; die andere hingegen, dafs die Rumänen hier nicht Autochthonen wären, sondern vielmehr erst seit Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts aus den Gebieten südlich der Donau eingewandert und hier sefshaft geworden seien. Diese Frage nach der rumänischen Urheimat fand seit jeher eine eifrige Behandlung, und damit ist freilich immer auch etwas Nationalitätenpolitik getrieben worden. Zu jener Auffassung bekennt sich Julius Jung (Römer und Romanen in den Donauländern 2 , Innsbruck 1887) und die rumänischen Nationalhistoriker, zu dieser Robert Rösler (Rumänische Studien, Leipzig 1871) sowie einige Vertreter der romanischen und slawischen Philologie. Der neueste Versuch auf diesem Gebiete ist derjenige J. Peiskers (Die Abkunft der Rumänen, Graz 1917), der in scharfer Weise der Auffassung Röslers beipflichtet Auf Einzelheiten der Frage und ihrer umfangreichen Literatur einzugehen, ist hier nicht am Platze. Ich werde hier nur die sptachUcYie Seite befomtkta, die übrigens die einzige ist, welche eine endgültige Entscheidung in dieser Frage zu bringen vermag. Der angebliche und ausdrücklich behauptete Mangel altgermanischer bzw. gotisch-gepidischer Bestandteile im Rumänischen ist in der Tat das wichtigste Argument, das man seit Sulzer (Gesch. d. transalpinischen Dakiens, Wien 1781, Bd. II, S. 11) gegen die rumänische Kontinuität in Dazien immerfort und in erster Linie geltend macht. Der Aufenthalt der Gepiden in Dazien war nämlich kein vorübergehender: als herrschendes und dann als unterworfenes Volk sind sie hier volle sechs Jahrhunderte hindurch geschichtlich bezeugt und bei diesem historischen Sachverhalt ist es eine Unmöglichkeit zu denken, die Rumänen hätten in dieser geraumen Zeit mit ihren germanischen Beherrschern und Land-Brought to you by | University of Queensland -UQ Authenticated Download Date | 6/13/15 5:41 PM
doi:10.1515/zrph.1921.41.2.420
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