Leukozytose mit Bizytopenie

Jeremy Jankovic, Sabine Blum
2016 Swiss Medical Forum = Schweizerisches Medizin-Forum  
Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), Lausanne a Service de médecine interne, département de médecine; b Service d'hématologie, département d'oncologie Fallbeschreibung Ein 34-jähriger Patient wird aufgrund einer seit vier Wochen bestehenden Müdigkeit mit Husten und subfebrilen Temperaturen von 37,8 °C bei seinem Hausarzt vorstellig. Die körperliche Untersuchung ist unauffällig. Angesichts des Verdachts auf eine Infektion der oberen Atem wege erhält er drei Tage lang 1× täglich
more » ... omycin 500 mg. Da sein Zustand sich nicht verbessert, konsultiert er erneut seinen Hausarzt. Bei der Auskultation werden Rasselgeräusche basal rechts festgestellt. zeigt einen Lungenherd an der rechten Lungenbasis. Frage 1: Welche der folgenden Untersuchungen erscheint Ihnen in diesem Stadium am sinnvollsten? a) Eine Procalcitoninbestimmung b) Die Bestimmung der Leukozytenverteilung (grosses Blutbild, GBB) c) Die Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) d) Die Bestimmung der Leberwerte e) Die Bestimmung des Kreatininwerts Die Procalcitoninbestimmung wird gelegentlich als Entscheidungshilfe für den Beginn einer Antibiotikatherapie bei einer Infektion durchgeführt. Ihr negativer Vorhersagewert ist jedoch gering. Aufgrund einer Leukozytose mit Bizytopenie ist ein Differentialblutbild erforderlich. Dieses ergibt 62% periphere Blasten (Abb. 1) sowie eine Neutropenie von 0,3 G/l (Normwert 1,8-7,5 G/l). Die BSG ist vor dem Hintergrund einer Infektion schwer interpretierbar und somit nicht empfehlenswert. Die Bestimmung der Leberwerte und des Kreatininwerts ist für die weitere Behandlung erforderlich, jedoch in diesem Stadium zweitrangig. Angesichts der obigen Resultate wird der Patient in die Notaufnahme eines Universitätsspitals eingewiesen, denn ein Blastenanteil von >20% im peripheren Blut ist bereits ausreichend, um eine akute Leukämie (AL) zu diagnostizieren. Frage 2: Welches Vorgehen ist in diesem Stadium nicht sinnvoll? a) Die Anfertigung eines Elektrokardiogramms (EKG) b) Die Benachrichtigung des Dienstarztes Hämatologie zur Durchführung einer Knochenmarkpunktion (KMP) c) Die Durchführung umfassender Laboruntersuchungen d) Die Befragung eines Facharztes für Infektiologie und die Anfertigung einer Thorax-CT e) Die Anfertigung eines PET-CT Anhand eines EKGs kann der Herzrhythmus ermittelt werden. Ausserdem ist es so möglich, alte oder neue Anzeichen einer myokardialen Ischämie festzustellen, welche die zukünftigen Behandlungen beeinflussen könn ten. Angesichts von >20% zirkulierender Blasten liegt eine AL vor. Aufgrund dessen ist die Durchführung einer KMP zur Feststellung der AL-Art (lymphatische oder myeloische) und der Risikofaktoren unerlässlich, um die Erkrankung zu klassifizieren, eine geeignete Behandlung zu finden und eine Prognose zu stellen. Die Durchführung umfassender Laboruntersuchungen ist, insbesondere zur Anpassung der Chemotherapie, ebenfalls unerlässlich (Tab. 1). Angesichts der Leukozytose muss eine Infektion ausgeschlossen und gegebenenfalls behandelt werden.
doi:10.4414/smf.2016.02823 fatcat:qvu3vcayenhijnwkwth6xd3yti