Widmann, Martin; Mörgeli, Christoph: Bader und Wundarzt. Medizinisches Handwerk in vergangenen Tagen. Zürich. Medizinhistorisches Institut und Museum, 1998. 184 S. Reich illustriert (farbig). SFr. 30.-

Robert Jütte
1998 Gesnerus  
und Wundarzt. Medizinisches Handwerk in vergangenen Tagen. Zürich. Medizinhistorisches Institut und Museum, 1998. 184 S. Reich illustriert (farbig). SFr. 30.-. Wenn es einen Preis für das schönste medizinhistorische Buch des Jahres gäbe, fiele dem Rezensenten die Wahl leicht. Der Katalog zu einer gleichnamigen Ausstellung des Zürcher Medizinhistorischen Museums ist in der Tat eine Augenweide. Ausstattung. Einband, Layout und Farbqualität lassen nichts zu wünschen übrig. Der Text, der knapp,
more » ... informativ ist, tritt dagegen in den Hintergrund. So ist dieses Buch auch eher zum Anschauen und Blättern als zum Lesen gedacht. Selbst der Kenner der Materie wird hier auf Abbildungen stossen, die ihm bislang unbekannt waren, so z.B. auf das Farbfoto, das einen aufwendig gearbeiteten Badehut zeigt, angeblich von Philippine Welser getragen, heute im Kunsthistorischen Museum Wien. Und noch viele andere solche Entdeckungen oder «Aha»-Erlebnisse bietet dieser wunderschöne Bildband mit durchgängig farbigen Abbildungen. Das Thema Bader und Wundarzt, zu dem in den letzten Jahren von (medizin-) historischer Seite verstärkt gearbeitet wurde, ist von den beiden Autoren kompetent und zuverlässig aufgearbeitet worden. Die Texte sind knapp gehalten und führen den Betrachter ohne Umschweife in die jeweilige Thematik ein. Besonders erfreulich ist, dass die Begleittexte im grossen und ganzen den neuesten Forschungsstand widerspiegeln. Davon zeugt nicht zuletzt ein umfangreiches, leider nur deutschsprachige Titel umfassendes Literaturverzeichnis im Anhang. Man vermisst lediglich die einschlägige Monographie von Annemarie Kinzelbach (1995) sowie den Ausstellungsbegleitband «Bader, Wundarzt, Medicus» von H. Flamm und K. Mazakarini (Klosterneuburg 1996). Illustriert wird das gesamte Spektrum der Tätigkeit der Bader und Wundärzte in Mittelalter und früher Neuzeit. Besonders bemerkensund lobenswert ist die Liebe der Autoren zum Detail. So erfahren wir z.B. sowohl im Text als auch im Bild etwas über die Bekleidung des Badepersonals oder über die Art und Weise, wie man damais die Menschen zum Besuch des Schweiss-,Wasser-und Kräuterbades aufforderte. Bei manchen Badeszenen, die in diesem Buch abgebildet sind, fällt allerdings auf, dass sich die Autoren wenig Gedanken um den Realitätsgehalt dieser Darstellungen machen. Nicht zuletzt haben gerade die einschlägigen kulturhistorischen Notizen Hans Peter Duerrs deutlich gemacht, zu welchen Fehlinterpretationen man kommt, wenn manwie Norbert Eliasin der Ikonographie und der Textkritik unbewandert ist. Ein pauschaler Hinweis («wenn man den zeitgenössischen Illustrationen glauben darf»), wie er sich auf S. 36 findet, reicht da nicht aus, zumal die betreffenden Abbildungen in hohem Masse interpretationsbedürftig sind. Auch im Kapitel über das Klistier wäre etwas mehr Differenziertheit und Quellenkunde wünschenswert gewesen. Die Aussage, dass die Anwendung des Klistiers «in den Augen der Zeit» (sie!) unerlässlich gewesen sei, kann man so jedenfalls nicht stehen lassen. Denn in Deutsch-323
doi:10.1163/22977953-0550304061 fatcat:tvuozszomzdypotrrzyjexbxuy