Problem Typus Hallenkirche [chapter]

Christoph [Hrsg.] Stiegemann
2021
Der folgende Beitrag versucht aufzuzeigen, welche Probleme der Typusbegriff .Hallenkirche' bereitet, warum dies so ist und wie sich möglicherweise mit diesen Problemen produktiv umgehen lässt. Die Hauptüberschrift zu diesem Beitrag ist, was die Kern probleme anbelangt, zunächst wenig aussagekräftig. Schon durch eine unterschiedliche Interpunktion bzw. Zeichensetzung würde deutlich werden, dass sich das Problem durch mehrere Ebenen zieht, und es wird notwendig sein, diese Vielschichtig keit der
more » ... roblemlage darzustellen: a) Problem? Typus .Hallenkirche'? b) Problem: Typus .Hallenkirche' c) ,Problem-Typus' Hallenkirche d) Problem: ,Typus-Hallenkirche' Zunächst: a) Gibt es überhaupt ein Problem? Ja. Es gibt sogar mehrere. Dies sollte durch die syntaktischen Fokussierungen veranschaulicht werden, denn es ist notwendig, die Problemlage zu differenzieren: b) Durch die Hervorhebung des Problems im Typusbegriff .Hallenkirche' soll deutlich gemacht werden, dass zunächst die formspezifischen Aspekte als Kriterien des Bautyps .Hallenkir che' im Vordergrund stehen können. Die Bauwerke und ihre Räume müssen sich begrifflich klar erfassen lassen, um sie ana lysieren, vergleichen und deuten zu können. Ein Problem hier bei ist, dass sich die unglaublich unterschiedlichen Erschei nungsformen in einem Begriff,Hallenkirche' schwer fassen las sen bzw. unangemessen nivelliert werden. Manche Hallenkirche und Basilika stehen sich gestalterisch näher als zwei Hallenkir chen zueinander. c) Doch nicht nur gebaute Hallenkirchen als solche sind in ihren räumlich gestalteten Eigenarten schwer in einem Begriff zu fassen, sondern auch die Aufbauleistungen der architektur historischen Forschung, d. h. die jeweilig zeitbedingte Art und Ausgestaltung der Typusund Begriffsbildung samt ihren zuge hörigen Kriterien und Denkgebäuden. So könnte das Thema ebenso fokussiert unter dem Untertitel laufen: .Problem-Typus' Hallenkirche. Der Begriff .Hallenkirche' wäre dabei nicht als Ka tegorie, als kunstgeschichtliches Werkzeug, sondern als Ergebnis einer historischen Kulturtechnik zu verstehen, samt ihren histo rischen Bedingungen und daraus resultierenden Verwerfungen. d) Daran anknüpfend ließe sich überlegen, zu welchen Pro blemen die Entwicklung des methodischen Instrumentariums und die Begriffsbildung geführt haben. Welche Fehlentwicklun gen im kunsthistorischen Diskurs führten zu welchen neuen Schwierigkeiten? Worin wurzeln unsere gegenwärtigen Proble me im Umgang mit den Hallenkirchenbauwerken? Am Ende lie ße sich fragen, warum man durch die fachspezifische Begriffs und Typusbildung und die stetige normative Selbstvergewisse rung der Fachdisziplin das Problem der ,Typus-Hallenkirche' überhaupt erst hat entstehen und reifen lassen und warum uns der Umgang entweder mit den Denkfiguren und/oder mit den Hallenkirchenräumen heute gewisse Probleme bereitet. Was be deutet es für uns, wenn wir mit dem Doppelbegriff operieren? Wie gehen wir mit den Positionen und dem Spannungsverhält nis zwischen dem architekturhistorischen Phänomen .Hallen kirche' und der kulturhistorischen Konstruktion .Hallenkirche' um? Aber auch: Was bedeutet es für uns, wenn wir heute Begrif fe und Denkmuster neu prägen? Sind wir dem historischen Be stand oder dem gegenwärtigen Interesse an Kultur(kampf) ver pflichtet? Der Beitrag geht zunächst vom historischen Bestand aus. Eine Passage aus einem der gern benutzten Kirchenführer, die oft für Besucherinnen und Besucher in den Kirchen ausliegen, soll exemplarisch als Einstieg dienen, um ein erstes und ernstes Pro blem im Umgang mit Hallenkirchen aufzuzeigen. Ein Hallen kirchenraum wird folgendermaßen charakterisiert: Wer in einer der hinteren Bänke der Kirche Platz genommen hat, dem teilt sich eine besondere Stimmung mit. (...) Die Betrachtung der Weite des Kirchenraumes und der Höhe der Gewölbe eröffnet eine Perspek tive für den Willen des Baumeisters, irdische Proportionen in Rich tung auf jenseitige Grenzenlosigkeit zu sprengen. Wurde doch er sichtlicherweise der Gemeindebau aus dem Quadrat entwickelt,
doi:10.11588/artdok.00007492 fatcat:q6ljgwkd3zft7fvf7exgfmofwm