Die Differentialgleichung der Schiebflächen
Kurt Reidemeister
1922
Abhandlungen aus dem Mathematischen Seminar der Universitat Hamburg
Im folgenden will ich die lang gesuehte Differentialgleichung der Schiebfl~tchen ableiten. Sie ergibt sich in Gestalt eines Systems yon zwei simultanen Differentialgleichungen 5. Ordnung, und es zeigt sich, dab durch jedes Fl~tchenelement 4. Ordnung i. allg. eine Schiebfli~che gelegt werden kann (w 2). Die bekannte Behauptung Lmsl), die Schiebfli~chen seien die L0sungen einer Differentialgleichung 4. Ordnung, bedarf also der Einschriinkung, dab diese Differentialgleichung eine willkfirliche
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... tante enthalten mu~, also im pritzisen Sinne den Namen einer Differentialgleichung 4. Ordnung nicht verdient. Um die Verwendbarkeit der Differentialgleichung zu erweisen, bestimme ich in w 3 die windschiefen Schiebfli~chen. Sie sind zugleieh auf unendlich viele Weisen Schiebflachen; es sind n~mlich die Sehnen-mittenfli~chen der Kurven mit konstanter Affinkriimmung und verschwindender Affintorsion, die bekanntlich zu den W-Kurven yon S. LIE und F. KLEIN geh0ren, und das elliptische sowie das hyperbolische Paraboloid. Damit ist zugleich die yon W. BLASCHKE in seinem Aufsatz ,Uber Raumkurven und Schiebfli~chen "2) aufgeworfene, aber nicht abschlie~ena beantwortete Frage nach allen Sehnenmittenfli~chen, die Regelfl~tchen sind, erledigt. In w 4 zeige ich weiter, da~ Aflinsph~ren, die zugleich Schieb-fli~chen sind, Sehnenmittenfliichen yon kubischen Parabeln oder Paraboloide sind. Abgesehen yon der bemerkenswerten Charakterisierung dieser Fti~chen ist dies deshalb von besonderem Interesse, well sich daraus sofort (vgl. w 5) ergibt, da~ die eigentlichen Affinsphi~ren die einzigen Fli~chen mit konstanten endlichen affinen Hauptkrfimmungsradien sind. Kenntnis der affinen Fli~chentheorie wird nicht vorausgesetzt. Alles zum Verstiindnis aus der allgemeinen Theorie Bentitigte ist in w 1 zusammengestellt, wenn auch nicht ausftihrlich abgeleitet. ~) Vgl. z. B. S. LIE, "Die Theorie der Translationsfliichen und das Abelsche Theorem.
doi:10.1007/bf02940584
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