Zur Problematik des Übergangs von der Schule in die Hochschule – Diskussion aktueller Herausforderungen und Lösungsansätze für mathematikhaltige Studiengänge
Andreas Büchter, Technische Universität Dortmund, Technische Universität Dortmund
2016
Klagen über Einstellungen und Haltungen sowie über das Qualifikationsprofil bzw. die Qualifikation der jeweils nachwachsenden Generation lassen sich bekanntlich lange zurückverfolgen. Gilfert (2014) hat über die Antike hinaus bis zu den Sumerern (ca. 3000 v. Chr.) zahlreiche einschlägige Zitate aus allen geschichtlichen Epochen zusammengestellt. Bemerkenswert ist dabei, dass die Generation, die die jeweils nachwachsende Generation derart einschätzt oder kritisiert, eine Generation zuvor von der
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... nächstälteren Generation in der Regel vergleichbar eingeschätzt oder kritisiert wurde. Auch dem folgenden Auszug aus einer Resolution des Deutschen Hochschulverbandes sieht man nicht direkt an, dass er bereits 23 Jahre alt ist: "Die Aufnahme eines wissenschaftlichen Studiums erfordert eine allgemeine Studierfähigkeit. Misserfolgsquoten von 50 % bei den Leistungsnachweisen der ersten Semester, ein immer breiteres Angebot von 'Brückenkursen', zunehmende Studienabbrecherquoten und die hohe Zahl von Studienfachwechslern sind Indizien einer fehlenden Studierfähigkeit. [...] Die im Deutschen Hochschulverband vereinigten 15.000 Hochschullehrer sehen sich in ihrer generellen Sorge bestätigt, dass das Abitur immer häufiger die allgemeine Studierfähigkeit zwar bescheinigt, aber nicht tatsächlich gewährleistet." (Deutscher Hochschulverband, 1993) In der aktuellen bildungspolitischen Diskussion um "Studierfähigkeit" werden unter anderem von Hochschulvertreterinnen und -vertretern für solche Problemwahrnehmungen häufig die jüngeren Reformen in den Schulsystemen der deutschen Bundesländer wie Bildungsstandards, Lehrplanänderungen, Kompetenzorientierung, Vergleichsarbeiten, zentrale Prüfungen, leistungsfähigere Taschenrechner, frühere Einschulung, Verkürzung der Schulzeit usw. verantwortlich gemacht. Der Deutsche Hochschulverband hatte vor 23 Jahren die Einführung eines Zentralabiturs allerdings als Maßnahme zur Qualitätssicherung gefordert: "Der Deutsche Hochschulverband fordert die Kultusministerkonferenz auf, folgende Maßnahmen zur bundesweiten Wiedergewinnung der Studierfähigkeit zu ergreifen: [...] Einheitliche Leistungsstandards innerhalb eines Landes können unter den gegebenen Verhältnissen nur durch die Einführung eines landesweiten Zentralabiturs gewährleistet werden." (Deutscher Hochschulverband, 1993; Herv. d. d. Verf.) Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Reformen im Bildungssystem nicht zwangsläufig die intendierten Wirkungen haben und Bildungspolitik zumindest teilweise einem Lernen durch Versuch und Irrtum ähnelt und vielleicht sogar ähneln muss. Dennoch sollten Problemwahrnehmungen zum Qualifikationsprofil bzw. zur Qualifikation der nachwachsenden Generation nicht einfach als kulturpessimistisches Klagen beiseitegeschoben werden. Gerade in Zeiten intensiver Diskussionen (etwa dokumentiert durch 7 Beiträge in den Mitteilungen der GDM und 15 Beiträge in den Mitteilungen der DMV in den vergangenen zwei Jahren) ist aber eine sachliche und differenzierte Bestandsaufnahme erforderlich, wenn zum wahrgenommenen Problem angemessene Lösungsansätze entstehen sollen. Im Folgenden werden einige aktuelle fachspezifische Problemwahrnehmungen und konzeptionelle Überlegungen für Lösungsansätze skizziert.
doi:10.17877/de290r-17375
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