Organisation und Geschlecht aus neoinstitutionalistischer Sicht. Betrachtungen am Beispiel von Entwicklungen in der Polizei

Ursula Müller
2010 Feministische Studien  
In den letzten drei Jahrzehnten entwickelte sich eine stabile, jedoch ständig im Wandel begriffene Aufmerksamkeit für Forschungen zum Thema Organisation, Geschlecht und Gesellschaft. Erste Publikationen in den 1970er Jahren und die feministische Kritik der 1980er Jahre konfrontierten den bis dahin geschlechtsblinden Mainstream der Organisationsforschung mit der These, dass Organisationen vergeschlechtlicht seien; dabei bezog sich die Kritik auf die Einbettung von Organisationen in
more » ... che Strukturen wie auch auf organisationsinterne Strukturen und Prozesse. In den 1990er Jahren, einhergehend mit tendenziell abnehmender Geschlechterungleichheit, fragten empirische Studien danach, ob Wandel und Wandelbarkeit organisationaler Strukturen, Regeln und Praktiken vielleicht nicht nur Geschlechtergleichheit quasi ex post herstellen, sondern auch die Ent-Geschlechtlichung von Organisationen möglich machen könnten. Aufgrund gesellschaftlicher und theoretischer Entwicklungen wird die Beziehung von Organisation, Geschlecht und Gesellschaft wieder neu betrachtet. Abnehmende Geschlechterungleichheit ist in einer beträchtlichen Anzahl von Organisationen oder in deren Teilen zu beobachten, während sich in anderen Organisationen Geschlechterungleichheit beibehält, vergrößert oder subtilisiert. Auch können Ver-und Entgeschlechtlichung gleichzeitig in ein und derselben Organisation vorhanden sein, und in einer Reihe von Organisationen kann eine Vielfalt von Geschlechterstrategien diagnostiziert werden, von denen nicht wenige widersprüchlich sind. Hieraus sind Konsequenzen für die Theorieentwicklung zu erwarten. Auch für die geschlechtneutrale Organisationsforschung stellt die Analyse von Organisationen unter widersprüchlichen Umweltanforderungen eine Herausforderung dar. Sie analysiert organisationale Strategien im Umgang mit komplexen und manchmal fragmentierten Umwelten -bisher meist ohne dabei Gender sys-
doi:10.1515/fs-2010-0105 fatcat:xpmgxn6zlvcnpey2dakvvhk3oy