Editorial

Erich Landsteiner
2021
Editorial Im Gegensatz zur bisherigen Praxis präsentiert die Redaktion der ÖZG mit der vorliegenden Ausgabe erstmals ein offenes Heft mit Beiträgen zu unterschiedlichen Themen. Seit geraumer Zeit stapeln sich die uns angebotenen Manuskripte in der Redaktion. Wir erachten dies als Erfolg und als Hinweis darauf, daß die ÖZG die kritische Phase der Plazierung eines neuen Kommunikationsorgans im Wissenschaftsbetrieb überwunden haben dürfte. Künftig soll neben den Themenheften jährlich ein offenes
more » ... ft erscheinen, in dem wir Aufsätze bringen werden, die nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums in einem Themenheft erscheinen könnten. Den Aufsatzteil dieser Nummer eröffnet ein Beitrag von Markus Reisenleitner (Wien) über die Probleme der Kulturgeschichtsschreibung im Lichte poststrukturalistischer Texttheorien. Sie definieren die Beziehung von Signifikant und Signifikat, von Zeichen und Bedeutung, als nicht ein für alle Mal fixiert, sondern als eine Relation, die im gesellschaftlichen Prozeß der Herstellung von Bedeutungen einer permanenten Reinterpretation unterworfen ist. Auch Kulturhistorie könne jeweils nur die Sinnpotentiale von kulturellen Zeichensystemen der Vergangenheit sowie deren Gebrauch und Reinterpretation im Rahmen gesellschaftlicher Machtkämpfe analysieren; niemals aber könne sie die endgültige Klärung von Bedeutungszusammenhängen für sich beanspruchen, da ihre Diskurse denselben Regeln unterworfen seien wie die Objekte ihrer Diskurse. Es gebe keinen transzendentalen Ort der Analyse. Kulturgeschichtsschreibung könne nur als Text über einen textlich konstituierten Gegenstand verstanden werden. Was sie leisten könne und worin ihr emanzipatorisches Potential bestehe, sei ihre Fähigkeit, offensichtliche (oder traditionelle) Lesarten aufzubrechen und sich dabei selbst stets der Dekonstruktion zu öffnen; Ironie und Vorläufigkeit sollten wieder ihren Platz im wissenschaftlichen Diskurs finden. Gabor Kresalek (Budapest) beschreibt in seinem Beitrag die Art und Weise, wie im stalinistischen Ungarn Filme produziert und den Ansprüchen der Editorial , 5-6 ÖZG 1/1992
doi:10.25365/oezg-1992-3-1-1 fatcat:j2w3ij7nnjafjgil5j6okdtysu