Rechtsfragen aus der ärztlichen Praxis. (Fortsetzung aus Nr. 11.)

1917 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Fortsetzung aus Nr. 11.) Daß der Arzt dem Kranken für verchu1dete unsachgemäße Behandlung, sogenannte Kunstfrhler, sei es aus dem Gesichtspunkte des Vertrages oder der unerlaubten Handlung haftet, ist bekannt. In der Regel wird solche unsachgemäße Behandlung auch dem Willen des Kranken nicht entsprechen, da dieser, wenn er sich auch im allgemeinen mit der Behandlung einverstanden erklärt hat, dies doch nur im Sinne unchgemaßer Behandlung verstanden wissen will. Wohl aber sind auch Fä1le
more » ... in denen der Patient selbst eine unsachgemäße Behandlung vom Arzte verlangt. Wird der Arzt haftbar, wenn er diesem Verlangen nachkommt? Das OLG. Colmar hat in einem Urteil vom 20. Februar 1914 die Frage bejaht. Eine junge Frau hatte von einem Dentisten verlangt, daß er ihr 22 Zähne und Zahnwurzeln ziehe; von den Zähnen waren 5 völlig gesund, 6 leicht kariös und durch Füllung zu erha]ten; die Frau wollte aber statt der großen häßlichen Zähne kleine weiße haben und bestand auf deren Entfernung, obwohl ihr gesagt worden war, daß die 11 Zähne nicht entfernt zu werden brauchten. Der Dentlst fügte sich ihren Wünschen; später bereute sie den Verlust de. Zähiie, klagte auf Schadenersatz und drang durch. Das OLG. nahm an, der Beklagte habe sich dadurch, daß er dem Verlangen der Frau nachkam, gröblich gegen die Pflichten vergangen, die dem Ifeilkundigen seinen Patienten gegenüber obliegen." Er durfte sich nicht blindlings den Wünschen der Kranken unterwerfen; umgekehrt hat der, der sich in ärztliche Behandlung begibt, sich dem Rate und den Anordnungen des Arztes zu unterwerfen. Tut er dies nicht, so hat der Arzt die Pflicht, den Kranken
doi:10.1055/s-0028-1144370 fatcat:5btdrx5qs5gbra26idgzoihxyu