Neuer Lehrstuhl für Hausarztmedizin an der Universität Basel

2005 PrimaryCare  
PrimaryCare 2005;5: Nr. 11 Aller Anfang ist leicht, und die letzten Stufen werden am schwersten und seltensten erstiegen. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) Im Namen des Bundesamtes für Gesundheit gratuliere ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ihr Euch jahrelang für die Belange der Hausarztmedizin engagiert habt, zu diesem grossen Erfolg! Die Grundversorgung ist aus gesundheitspolitischer Sicht von herausragender Bedeutung. Von 100 Patienten werden heute nur gerade einer bis zwei
more » ... stationär behandelt, 9 weitere werden durch Spezialisten und die restlichen 90 durch Grundversorger abschliessend behandelt. Die Begründung einer eigenständigen Lehre und Forschung, welche die Besonderheit der Patientenpopulation in der Hausarztmedizin berücksichtigt, ist deshalb ein überfälliger, fachlich und politisch kluger Entscheid. Nach dem langen Studium und der ebenso langen klinischen Ausbildung im Spital geht oft vergessen, dass alle Krankheiten auch weniger ausgeprägte Verläufe und weniger schwere Vorläuferstadien haben. Die Endzustände, die wir als die Medizin an den Universitäten kennen lernen, repräsentieren nur gerade dieses eine Prozent der Patientenpopulation. Die Konzentration auf dieses eine Prozent hat in den letzten Jahren zu beispiellosen medizinischen Fortschritten in vielen Spezialgebieten geführt, aber sie hat auch bewirkt, dass gemessen an der Gesamtbevölkerung und den gesundheitspolitischen Prioritäten zu wenig Generalistinnen und Generalisten ausgebildet werden. Heute bekommen wir die Auswirkungen dieser Konzentration auch in Form verlassener Hausarztpraxen zu spüren. Die in der Grundversorgung Tätigen kennen die Bedingungen der Hausarztmedizin am besten. Sie wissen, welche Kenntnisse vermittelt werden müssen. Sie können im Institut für Hausarztmedizin dazu beitragen, in Aus-und Weiterbildung die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Die Hausarztmedizin ist herausgefordert, Entscheidungen auf der Basis von unsicheren Grundlagen zu treffen. Der in der Ter-tiärmedizin geschärfte Blick ist dabei nicht unbedingt hilfreich. Im Tertiärbereich bewährte diagnostische Methoden sind häufig in der Hausarztmedizin nicht verwendbar, zum einen, weil dort aufgrund der geringeren Auftretenswahrscheinlichkeit von Krankheiten eher falsch positive Testresultate zustande kommen, zum anderen, weil Krankheiten oft weniger ausgeprägt sind oder sich in einem Vorläuferstadium befinden. Diese Tatsache hat auch Implikationen für die Therapie. Weil die Hausarztmedizin häufiger mit den Vorläuferstadien von Krankheiten konfrontiert ist, steht der Hausarzt / die Hausärztin oft vor schwierigen Entscheidungen. Soll eine Behandlung erfolgen, obwohl unklar ist, ob die Krankheit einen schweren Verlauf nehmen wird? In der Tertiärmedizin sind wir meist mit schweren Krankheitsverläufen konfrontiert, und es geht dabei vergessen, dass die weniger ausgeprägten Formen in der Hausarztmedizin sehr viel häufiger vorkommen und klinisch oft eine ganz andere Bedeutung haben. Die Vermittlung profunder epidemiologischer und statistischer Kenntnisse, die zur korrekten Interpretation diagnostischer Vorhersagewerte und nützlicher Therapieentscheide befähigen, ist deshalb grundlegend -für die Patienten und die Kosten. Nehmen Sie die Chance wahr, die Wahl von medizinischer Therapie und Betreuung mit den Prinzipien der evidenzorientierten Medizin und der Gesundheitsökonomie in Übereinstimmung zu bringen! Keine Therapie einzuleiten, kann durchaus das sinnvolle Ergebnis eines ausführlichen Gespräches sein. Somit sind wir beim wohl wichtigsten Arbeitsinstrument der Hausarztmedizin -dem Gespräch. Es hat unzählige Funktionen, eine davon soll heute ganz entschieden der Prävention dienen. Die Herausforderungen in der Hausarztmedizin sind zahlreich und anspruchsvoll. In mancher Hinsicht weisen sie über den spezifischen Fachbereich hinaus. Wie kann die Attraktivität des Berufes gefördert werden? Ist das Bild des Hausarztes/der Hausärztin als Familienarzt/-ärztin und Vertrauensperson angesichts der grossen Mobilität und der Patientenerwartungen tatsächlich noch zeitgemäss? Wie kann die Rundum-Verfügbarkeit, die in Hausarztpraxen zum Alltag gehört, auf ein erträgliches Mass reduziert werden? Wie können gezielt Frauen, deren Anteil an Studierenden bereits mehr als 50% beträgt und die aufgrund ihrer Mehrfachrollen überdurchschnittlich oft Teilzeit arbeiten, für die Hausarztmedi
doi:10.4414/pc-d.2005.06565 fatcat:gg5q4f7dn5cnzoj2r5zj36abjm