Textkritische Bemerkungen zu Columella de re rust. VI

Will Richter, Würzburger Jahrbücher Für Altertumswissenschaft
2015
In dem von Vilh. Lundström auf Grund einer imponierenden Durch arbeitung des gewaltigen handschriftlichen Materials konstituierten Text (L. Juni Moderati Columellae opera quae extant rec. V. Lundström, fasc. IV rei rust. libros VI et VII continens, Gotoburgi MCMXL) scheinen mir fol gende Stellen des 6. Buches einer erneuten kritischen Prüfung wert zu sein: 1. Kap. 2,13. item custodiendum, ne (bos) in corporatione vel statura vel viribus inpar cum valentiore iungatur. Diesen Text bieten alle
more » ... schriften außer einer der Humanistenabschriften (h 1 ); aber schon Ursinus nahm an corporatione Anstoß und schrieb comparatione, eine Lesart, die durch h 1 (comporatione) gestützt wird. In der Tat würde die Reihe corporatio-staturavires eine Unklarheit der Unterscheidung darstellen, die Columellas Sorgfalt in der Wahrung begrifflicher Klarheit widerspricht. "Körperlichkeit" ist weder von "Gestalt" noch von "Kraft" wesentlich verschieden, sondern schließt vielmehr beide in sich ein; das Paar statura-vires genügt allein, um die Möglichkeiten auszudrücken, die zwei Zugtiere als nicht zueinander passend erscheinen lassen. Ungewöhnlich ist außerdem die Verbindung inpar in aliqua re (statt bl. Abi.); für par ist sie selten, für inpar meines Wissens gar nicht nachgewiesen. Stärker als dies alles spricht gegen die überlieferte Les art, daß corporatio selbst nicht vor Tertullian (carn. Chr. 4), also Wende 2./3. Jh., aber auch hier nur vereinzelt, und häufiger erst vom 4. Jh, an auf tritt, überwiegend in der christlichen Literatur. Dagegen erträgt das Verb iungere nicht nur eine nähere Erklärung, sondern fordert sie geradezu: Es ist die Rede von der gemeinsamen Arbeit zweier Tiere. Der Zusammenhang würde dazu verlocken, an cooperatione zu denken, da operari t. t. für die Arbeitsleistung des Tieres ist (Pall. 1,6; Col. 6,2,15; 24 u.a.), wenn nicht für cooperatio dasselbe zuträfe wie für corporatio: die früheste nachgewiesene Verwendung ist die bei Hil. trin. 4,21, und auch dies Wort scheint ganz spezifisch dem theologischen Sprachgebrauch anzugehören. So bleibt Gesners Hinweis (z. St.) auf Col. 2,2,3 (recurrendum est igitur ad qualitatium inter se dissidentium quasi coniunctiones, quas Graeci ovCvytag ivavriorrjrcov, nos discordantium conparationes tolerabiliter dixerimus) in Geltung (so ist z.B. avCvyla ndolwv schon bei Eur. Hipp. 1131 das "Gespann") und wird bekräf tigt durch die Verwendung von comparare "paaren" (Varro r. r. 2,3,2; Col. 1 Nachdem in Deutschland seit Gottl. Schneiders Ausgabe von 1794 keine Gesamt edition der Werke Columellas mehr erschienen ist und seit dem energischen Vorstoß von J. Häussner (Die handschr. Überl. des L. J. Mod. Col., Progr. Karlsruhe 1889) auch die textkritische Arbeit an diesem Autor bei uns fast völlig ruhte -man kann hierin nahezu von einem schwedischen Monopol sprechen -, hat sich der E. Heimeran Verlag München entschlossen, eine neue Gesamtausgabe Columellas in seine TusculumReihe aufzunehmen. Da sich die Vorarbeiten hierfür noch über Jahre hinziehen werden, seien vorweg textkritische Einzelergebnisse vorgelegt, deren Diskussion, wie ich glaube, der Ausgabe zugute kommen werden.
doi:10.11588/wja.1949.1.20625 fatcat:3yhnt7ypt5gb7ipltrthtm6bjq