Dobroslav Líbal: Alte Städte in der Tschechoslowakei (aus dem Tschichischen übersetzt von Lucie Dostalová)
Wilfried Brosche
2016
D ob r o slav Líbal, Alte Städte in der Tschechoslowakei (aus dem Tschechischen übersetzt von Lucie Dostálová). Artia-Verlag, Prag 1971, 107 S., 206 Bilder in bes. Bilderteil. Das Buch über die deutschen Städte in Böhmen und Mähren von Sturm-Hemmerle hat mit dem hier besprochenen Werk ein von tschechischer Seite in deutscher Sprache herausgebrachtes Gegenstück (mit bedeutender Ausweitung) erhalten. Dieses Buch befaßt sich mit den wesentlichen Städten historischer Prägung in allen drei Ländern
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... s tschechisch-slowakischen Staates im heutigen Umfang. Nach einer allgemeinen Einleitung über das Städtewesen in diesem ausgewählten mitteleuropäischen Teilraum wird jeweils in einer Art "Kurzbiographie" eine Stadt nach der andern vorgestellt, wobei erfreulicherweise auf die früheste Geschichte jeder Niederlassung mit eingegangen wird. Vielfach dabei mit verflochten wird die Verkehrsgeschichte bei der Begründung einer Lage oder der Entstehung eines Stadtgebildes. Wissenschaftliche Fehler wird man kaum irgendwo feststellen können, überall ist der letzte Stand der Forschung mit verarbeitet, aber man hat den deutlichen Eindruck, daß mit Peinlichkeit darauf geachtet wurde, die starken Einflüsse, welche das deutsche Element bei der Gründung der überwiegenden Mehrheit von Städten aller drei Länder nun einmal gehabt hat, bewußt zu verschweigen. Nirgends ist auch von den Stadtrechten die Rede, von ihrer Herkunft aus den deutschen Bereichen jenseits der Gebirgs-und Landesgrenzen, ihrer Bedeutung für die organisatorische Entwicklung und die dauernden kulturellen Wechselwirkungen, die daraus folgerten. Man fragt sich, wem heute, nach den Ereignissen von 1945, das Verschweigen solcher Fakten dienen soll. Konsequent werden auch im gesamten Berichtsbereich nur die tschechischen und slowakischen Namen der Städte angewandt, sowohl im Text als auch in den Karten (Vorsatzpapiere). Die auf vergleichende deutsche Literatur angewiesenen Leser eines doch auf Verbreitung im deutschen Sprachgebiet vorgesehenen Buches (vor allem jene Leser, die nicht noch aus den drei Ländern stammen und deshalb auch nicht mit den amtlichen tschechischen Ortsnamen von früher her vertraut sind) werden also genötigt, mühevoll mit deutschem Kartenmaterial zu vergleichen, um sich zu orientieren. Das ist m. E. ein ausgesprochen unkluges Verfahren bei der Herausgabe eines sonst so inhaltsreichen Werkes.
doi:10.18447/boz-1972-2048
fatcat:dgol7kml4rbrraj7lep3cvammu