Diagnostik der Hyperthyreose

2004 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Weit mehr als 20 Millionen Deutsche leiden an einer behandlungsbedürftigen Jodmangelstruma, die bei suffizienter genereller Jodprophylaxe ein vermeidbares Krankheitsbild darstellen würde. Mit dem Lebensalter nimmt die Häufigkeit von Schilddrüsenknoten zu (5). In Deutschland haben ältere Menschen in über 75% eine Struma nodosa und eine Schilddrüsenautonomie, die häufigste Ursache der Hyperthyreose in Deutschland. Nach neuesten Erkenntnissen molekularer Forschung sind Proliferations-und
more » ... igenschaften von Schilddrüsenknoten zu differenzieren. Die Charakterisierung des Gens für die Jodaufnahme der Schilddrüse (Natriumjodidsymporter, NIS) eröffnet die Möglichkeit, das klinische, epidemiologische und biochemische Wissen über die effiziente Anreicherung des essentiellen Spurenelements Jod auf molekularer Basis nachzuvollziehen und prospektiv diagnostisch und therapeutisch zu nutzen (6). Die Autoimmunthyreopathie Morbus Basedow ist eine wichtige Ursache der Hyperthyreosen. Differenzierte Untersuchungen pathogenetischer und pathophysiologischer Zusammenhänge dieser Autoimmunthyreopathie eröffnen diagnostisch und therapeutisch neue Ansatzpunkte der Behandlung (3, 7): Differentialdiagnostisch ist das gemeinsame Vorkommen der Autoimmunhyperthyreose mit einer Schilddrüsenautonomie zu bedenken (Marine-Lenhart-Syndrom), das mit 1-2% bei Hyperthyreosepatienten zwar selten auftritt, für die individuell Betroffenen insbesondere therapeutisch jedoch wichtige Konsequenzen hat (siehe Kasuistik), wobei sowohl die Reihenfolge Autonomie und später Immunhyperthyreose als auch Immunhyperthyreose und anschließend Schilddrüsenautonomie beschrieben wurden. Rationelle Diagnostik und Differentialdiagnose der Hyperthyreose Sowohl bei einer Struma als auch bei den Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse muss eine Funktionsstörung des Organs ausgeschlossen bzw. sicher nachgewiesen werden, um das therapeutische Vorgehen optimal gestalten zu können. Nach eingehender Anamnese und klinischer Untersuchung des Patienten stellt hier für die Funktionsdiagnostik der Schilddrüse die Bestimmung des Serum-TSH-Wertes mit den entsprechenden sensitiven Labormethoden den ersten und wesentlichen Schritt einer rationellen Diagnostik dar (Abb.1). Wird ein Serum-TSH-Wert im Normalbereich gemessen, ist eine Schilddrüsenüberfunktion ausgeschlossen, abgesehen von der extrem seltenen sekundären Form einer Hyperthyreose durch ein TSH-produzierendes Hypophysen-Adenom. Bei erniedrigten bzw. supprimierten TSH-Spiegeln müssen die peripheren Hormonparameter freies Thyroxin (fT4) und freies Trijodthyronin (fT3) bestimmt werden. Zur weiteren Differentialdiagnostik der Autoimmunthyreopathie Morbus Basedow wird die Bestimmung der entsprechenden Autoantikörper TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) notwendig, evtl. auch der Antikörper gegen die Schilddrüsen-Peroxidase (mikrosomale AK). Die Messung der Gesamt-Hormonspiegel trägt zur Diagnostik primärer Schilddrüsenerkrankungen nichts bei, ebensowenig die Durchführung eines TRH-Testes. kurzgefasst: Die Bestimmung des basalen TSH-Spiegels ist der erste Schritt einer Schilddrüsenfunktionsdiagnostik. Bei erniedrigtem bzw. supprimierten TSH-Werten wird fT4/fT3 gemessen. Die Bestimmung der Gesamt-Hormonspiegel sowie die Durchführung eines TRH-Testes ist bei primären Schilddrüsenerkrankungen obsolet.
doi:10.1055/s-2003-37622 pmid:12627341 fatcat:fxah4c3y3faybilxqtjc7r3dwa